Ein Fotobuch erstellen, Visitenkarten oder eigene Bücher drucken lassen? Wer hat sich nicht schon einmal mit individuellen Produkten wie Fotobuch und Co. beschäftigt? Online gibt es inzwischen die unterschiedlichsten Möglichkeiten für Fotobuch und Co. Doch sind Online-Druckereien nicht gleich Online-Druckereien. Während die Einen hauptsächlich mit sogenannten Sammelformen im Offsetdruck produzieren, setzen andere Online-Druckereien fast vollständig auf den Digitaldruck.
Unter “Digitaldruck” versteht man verschiedene Druckverfahren, die eines gemeinsam haben: Sie benötigen keine feste bzw. statische Druckform. Denn alle Informationen über den Druckauftrag werden als Datensatz an den Rechner der Druckmaschine übertragen und von dort direkt ohne feste Druckform auf das Substrat. Da es keinen Kontakt zwischen Träger und Papier gibt, zählt der Digitaldruck zu den Non-Impact-Verfahren (NIP).
Die am häufigsten eingesetzten NIP- bzw. Digitaldruckverfahren sind die folgenden:
Eher unbekannt und entsprechend seltener eingesetzte Digitaldruckverfahren sind:
Vor mehr als 20 Jahren standen die ersten digitalen Drucksysteme auch für den Einsatz in der grafischen Industrie zur Verfügung. Damals noch oft belächelt aufgrund der niedrigen Geschwindigkeiten und unzureichender Druckqualität, hat sich diese Technologie bis heute zu einem etablierten Druckverfahren entwickelt. Denn der Trend – in der sich durch Internet und mobile Geräte verändernden Medienbranche – hin zu kleinen Stückzahlen, individualisierten und personalisierten Drucken bis hin zur Auflage 1, kann durch den Digitaldruck perfekt abgebildet werden.
Bedingung für alle Digitaldruckverfahren ist, dass der Auftrag zur Druckausgabe in elektronischer Form vorliegt. Alle Informationen werden als Datensatz an den Rechner des Drucksystems übertragen und im Raster Image Processor (RIP) auf die Anforderungen des Drucksystems hin umgewandelt. Ist dieser Prozess abgeschlossen, kann der Druckauftrag direkt gestartet werden. Das Besondere: So kann jede Seite einen anderen Inhalt haben.
Im Folgenden soll auf die beiden bekanntesten Digitaldruckverfahren eingegangen werden.
Zu den digitalen Druckverfahren zählt zum Beispiel der elektrofotografische Digitaldruck, bei dem kurz gesagt die Farbstoffe per Fotohalbleiter und einem Zwischenträger (dynamische Druckform) auf das Papier übertragen werden. Laserbasierte Tonerdrucksysteme arbeiten also auf dem Prinzip der elektrostatischen Kräfte. Ausführlich heißt das: Eine positiv geladene Fotoleitertrommel wird mittels Laserstrahl an bestimmten Stellen entladen – die späteren nicht-druckenden Pixel. So entsteht ein latentes Druckbild auf der Trommel. An den jedoch weiterhin positiv geladenen Stellen bleiben die negativ geladenen Tonerpartikel durch die elektrostatische Anziehungskraft “kleben”. Beim Transfer auf das Substrat sorgt eine positiv geladene Coronaplatte unter dem Papier dafür, dass die Tonerpartikel auf das Substrat überspringen. Da der Toner aber nur lose auf der Oberfläche des Substrates aufliegt, wird er im nächsten Schritt über Hitzezufuhr auf dem Papier verschmolzen und somit fixiert. Beim elektrofotografischen Digitaldruck kann sowohl Flüssig- wie auch Trockentoner verwendet werden.
Im Gegensatz zur Elektrofotografie wird beim Inkjetdruck mit dünnflüssigen Tinten gearbeitet, die nach verschiedenen Methoden über einen Druckkopf mit seinen (über 2.600) Druckdüsen auf das Papier aufgetragen werden. Je nach Technologie unterteilt man den Inkjetdruck in das Drop-on-Demand-Verfahren (thermisch piezoelektrisch oder elektrostatisch) sowie den Continuous-Inkjetdruck. Während bei ersterem nur die druckenden Tintentröpfchen ausgestoßen werden, zeichnet sich der Continuous-Inkjet dadurch aus, dass ein konstanter Strom von Tintentröpfchen ausgestoßen wird, und die später nicht druckenden Tröpfchen abgefangen werden. Im Volksmund wird der Inkjetdruck auch Tintenstrahldruck genannt.
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Derzeit ist der Offsetdruck das weltweit dominierende Druckverfahren. Doch die Anwendungen von Digital- und Offsetdruck vermengen sich mehr und mehr, denn beide haben ihre Pluspunkte. Die folgenden Auflistungen zeigen, welche Aspekte jeweils für die Technologie sprechen.
Pro Offsetdruck:
Pro Digitaldruck:
Bei der hybriden Druckproduktion werden die Vorteile der jeweiligen Drucktechnologie kombiniert.
In der Qualität ist der Offsetdruck heute oft noch das Nonplusultra. Beispielweise ist es für ihn kein Problem, Rasterflächen und Farbverläufe gleichmäßig darzustellen. Im Digitaldruck ist das nicht immer der Fall. Hier ist es mitunter nicht einfach, gleichmäßige Flächen oder Farbverläufe ohne sichtbare Fehler oder sogenannte Wolkenbildung darzustellen. Auch Passerungenauigkeiten können im digitalen Produktionsdruck immer wieder auftreten.
Besonders beim Schön- und Widerdruck mit kompakten Digitaldrucksystemen aus dem Einstiegspreissegment taucht das Problem auf. Dies wiederum führt, nicht nur bei der hybriden Produktion, zu Problemen beim Schneiden und Falzen der Druckprodukte. Jedoch, die Digitaldruckmaschinen haben in den letzten Jahren auch in Sachen Qualität aufgeholt.
Zu bedenken sind bei der aus Digital- und Offsetdruck kombinierten hybriden Produktion die Einschränkungen in Bezug auf die Bedruckstoffe und ihre Verarbeitung. Beispielsweise sind die Aushärtung des Toners oder auch die Farbhaftung auf dem Substrat besondere Herausforderungen an den Anwender des elektrofotografischen Drucks. Aus diesem Grund empfehlen und zertifizieren die Hersteller der Digitaldrucksysteme spezielle Papier- und Substratsorten für die Verwendung auf ihren Systemen. Doch gerade bei der Kombination von Offset- und Digitaldruck stellen beide Verfahren bezüglich Oberflächenbeschaffenheit verschiedene Bedingungen an die Substrate. Bis heute ist es so, dass sich im Digitaldruck weitaus weniger Papiere und Medien einsetzen lassen, als im Offset. Die Hersteller stehen nun vor der Aufgabe, die Vielfalt der Substrate für digitale Verfahren zu erweitern. Eine weitverbreitete Lösung ist es, eine Art Vorbeschichtung einzusetzen, damit beispielsweise in Inkjetdruckmaschinen auch Offsetpapiere genutzt werden können – das sogenannte Primern.
Ob es sich lohnt, Digitaldruck in einem Unternehmen einzusetzen, dafür gibt es natürlich keine allgemeingültige Regel. Denn ob ein digitales Druckverfahren effektiv und wirtschaftlich arbeiten kann, hängt nicht nur von der Technik, sondern vordringlich vom Geschäftsmodell ab. Zwei interessante Beispiele (Dialogmarketing und personalisierter Zeitungsdruck) stellen wir vor. Bei der individuellen Beantwortung der Rentabilitätsfrage hilft eine Wirtschaftlichkeitsbetrachtung (siehe unten).
Eine verbreitete Anwendung ist das Dialogmarketing. Hier werden personalisierte und individualisierte, sogenannte Direct-Mailings, zur gezielten und persönlichen werblichen Ansprache von Kunden genutzt. Durch Veredelungsverfahren oder das Aufspenden von Produkten lässt sich weiterer Mehrwert für den Kunden erzielen. Der Mehrwert für den Auftraggeber liegt in der erhöhten Aufmerksamkeit beim Kunden, den geringeren Streuverlusten und einer daraus resultierenden Responserate, die deutlich höher ist als bei unpersonalisierten Aussendungen. Direct-Mailings können komplett im Digitaldruck oder im hybriden Druck produziert werden. Die Weiterverarbeitung erfolgt oft im Inline-Verfahren.
Das folgende Video zeigt, dass der Digitaldruck auch dem Zeitungsmarkt neue Chancen eröffnen kann: Der Hauptteil der Zeitung wird – mit allen Vorzügen in Effizienz, Schnelligkeit und Preis – im Offset gedruckt. Ihn ergänzen digital gedruckte Inhalte. Denn anhand ihrer Abonnentendaten verfügen insbesondere Zeitungen über eine breite Basis für die gezielte Ansprache von Lesern, die sie selbst und ihre Kunden etwa für das Gender- und Geo-Marketing nutzen können. Für die Erstellung dieser personalisierten Drucke bietet sich der Digitaldruck ebenso an wie für alle weiteren Inhalte, die in kleineren Auflagen oder gar Einzelprodukten produziert und dem Hauptteil beigelegt werden. Eine Herausforderung hierbei ist die Logistik, da das einzelne Exemplar einer so individualisierten Zeitung auch beim richtigen Empfänger landen muss.
Der Digitaldruck wird im Zeitungsmarkt aber auch zur Erhöhung der Interaktion mit den Lesern genutzt, zum Beispiel in Form von Gewinnspielen. Diese basieren auf eineindeutigen Zahlencodes – ähnlich wie beim Lotto – und werden zumeist im Inkjetverfahren auf die Innenseiten einer Zeitung eingedruckt.
Ab wann rechnet sich Digitaldruck? Bei der Beantwortung dieser Frage hilft auch das Beraternetzwerk Print X Media (PXM) der Verbände Druck und Medien. Dafür wurde eigens ein Analyse-Tool entwickelt, das Digitaldruckern und allen, die es werden wollen, zusammen mit dem technischen und betriebswirtschaftlichen Input der PXM-Berater eine gezielte Wirtschaftlichkeitsbetrachtung ermöglicht.
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Ein besonders spannender Markt hat sich in den letzten Jahren mit in Form der Kunden-individuellen Fotobücher von Online-Druckereien entwickelt. Die Grundlage dafür waren der explosionsartige Boom der Digitalfotografie und das starke Wachstum von Digitadruck-Technologien. Ein weiterer wichtiger Faktor für den Vormarsch der Fotobücher ist, dass der Kunde sie selbst gestalten kann – mit speziellen Editoren, die sowohl offline als auch online genutzt werden können. Für die Produktion kommen meist elektrofotografische Digitaldrucksysteme zum Einsazu, häufig auf Flüssigtoner-Basis. Gebunden werden die Fotobücher in verschiedenen Formaten, als Hard- oder Softcover mit Klammerheftung oder Klebebindung. Ebenso ist durch den Einsatz von Digitaldrucksystemen die Herstellung von individuellen Kalendern, Plakaten oder Postern möglich.
Auch Etiketten werden immer häufiger im Digitaldruck hergestellt und lassen sich somit ohne größeren Mehraufwand regionalisieren oder sogar personalisieren. Durch geringe Einrichtekosten sind kleine und mittlere Serien effizient produzierbar. Die kurzen Vor- und Durchlaufzeiten und die schnellere Abwicklung von Aufträgen in kleinen Auflagen sind für den Auftraggeber eine gute Gelegenheit, mit bestimmten Produkten schnell auf den Markt zu gehen und seine Kunden gezielter anzusprechen. Änderungen oder Korrekturen erfolgen mit geringem Zeit- und Kostenaufwand. Farbdrucksysteme für die digitale Etikettenproduktion arbeiten mit Geschwindigkeiten bis zu 60 m/min und verfügen mitunter über Inline-Priming-Einheiten zur Substratvorbehandlung. Einige Drucksysteme können die Papiere inline mit einem UV-Lack versehen oder auch laminieren. Ebenso ein Trend im Rollen-Etikettendruck: Digitaldruck und Finishing in nur einer Produktionslinie zu vereinen, beispielsweise durch Schneideinheiten oder Stanzen. Bei der Etikettenproduktion kommt Elektrofotografie ebenso wie Inkjetdruck zum Einsatz.
Der Digitaldruck, mit seiner Domäne für kleine Auflagen sowie Personalisierungen und Individualisierungen, ist im Verpackungsdruck auf dem Vormarsch. Moderne Digitaldruckmaschinen eignen sich heute für gestrichene und ungestrichene Papiere bis hin zum Druck auf Chromolux-Karton. Und auch der Trend zu neuen Formaten im Digitaldruck, wie B2 und B1, sowie zum wachsenden Einsatz von Großformatdrucksystemen lässt den digitalen Verpackungsdruck wachsen. Dank elektrofotografischer und inkjet-basierter Technologien wird die bedarfsgerechte Erzeugung von Klein- und Testserien oder Messedummys möglich. Im Zusammenhang mit Veredelungen und entsprechender Weiterverarbeitung sind digital erstellte Verpackungen mit konventionell gedruckten durchaus vergleichbar und eine echte Alternative für kleine und mittlere Auflagen.
Bei der Investition in ein Digitaldrucksystem steht die Druckerei vor verschiedenen Fragen. Hier die wichtigsten Überlegungen als Entscheidungshilfe im Überblick:
Diese Fragen sind vor der Investition in ein Digitaldrucksystem zu beantworten. Erst dann kann die Entscheidung Bogen oder Rolle, Farbe oder Schwarzweiß fallen.
Digitale Produktionsdruckmaschinen im kleinformatigen Bereich klassifiziert man wie auch beim Offsetdruck in Rollen- und Bogensysteme.
Unter den Bogensystemen sind solche auf Basis der Elektrofotografie weit verbreitet. Diese Systeme produzieren derzeit meist im DIN-A3-Überformat. Seit der Drupa 2012 gibt es von einzelnen Herstellern wie HP, Fujifilm, Konica Minolta oder auch Screen aber digitale Bogendruckmaschinen im B2-Format. Die Druckgeschwindigkeiten der meisten A3+-Digitaldruckmaschinen sind mit 30 bis 90 Seiten pro Minute relativ niedrig, wobei einige Hersteller inzwischen auch Systeme mit einer Leistung von deutlich mehr als 100 Bogen pro Minute anbieten. Elektrofotografische Bogensysteme werden vorwiegend zum Drucken von Klein- und Kleinstauflagen bis hin zur Auflage 1 im Akzidenzbereich eingesetzt. Somit lassen sich Auflagen in genau definierter Höhe und nach Bedarf herstellen (Print on Demand). Der Wechsel von Papierformaten oder -sorten ist sehr schnell durchführbar.
Im Rollenbereich kommen sowohl elektrofotografische als auch Inkjetdrucksysteme zur Anwendung. Die Letztgenannten bedrucken von umgerechnet 500 bis über 3.000 DIN-A4-Seiten pro Minute. Inkjetsysteme sind im digitalen Rollendruck in den letzten Jahren verstärkt im Markt anzutreffen, und das über alle Märkte und Einsatzmöglichkeiten hinweg. Für besonderes Aufsehen sorgte nicht zuletzt die HP Pagewide T1100, die gemeinsam von HP und KBA für den Verpackunsmarkt entwickelt wurde und eine Bahnbreite von 2,8 m bietet. Durch kontinuierliche Weiterentwicklungen entstehen hier also in allen Märkten interessante Alternativen zur Elektrofotografie. Es ist absehbar, dass der Kampf um Marktanteile zwischen Elektrofotografie und Inkjetdruck eine immer größere Rolle spielen wird.
Die elektrofotografischen Digitaldruckverfahren nutzt man beispielsweise für den variablen Datendruck, Print on Demand, den statischen Kleinauflagendruck oder das verteilte Drucken. Der Inkjetdruck lässt sich zusätzlich in den Großformatdruck (Large Format Printing) und den Druck mit hohen Geschwindigkeiten unterteilen, den Highspeed-Inkjet. Mit Letzterem stellt man beispielsweise Transaktionsdrucke sowie Drucke in hybriden Anwendungen her, also der Kombination von konventionellen Druckverfahren mit Inkjetdüsen zur Personalisierung. Auch in der Bücherproduktion spielen Highspeed-Inkjetdruckmaschinen eine immer größere Rolle – genauso wie im Interior Design, wo dank spezieller Tinten auch die Innenraumgestaltung zunehmend im Digitaldruck hergestellt wird. Ein weiterer Wachstumsmarkt für Inkjetdrucksysteme ist zudem der Textildruck.
Im Hinblick auf die Produktivität von Digitaldrucksystemen zeigt sich in den vergangenen Jahren, dass gerade der Inkjetdruck eine massive Steigerung durchlebt hat. Ein Beleg dafür ist die Zahl der Inkjet-Düsen. Wurden im Jahr 1990 noch circa 500 Düsen pro Druckmaschine genutzt, gab es ab dem Jahr 2010 bereits Drucksysteme mit mehr als einer Million Düsen. Und diese Tendenz ist steigend. Inzwischen sind die Inkjet-Rollendrucksysteme sehr flexibel im Angebot an Farben sowie – dank Primern – an einsetzbaren Substraten. Sie bieten zudem eine deutlich verbesserte Qualität. Mitunter lassen sich die Systeme in der schwarzweißen Grundkonfiguration zu Farbsystemen für den Fünf- und Sechsfarbdruck aufrüsten. Denn die Hersteller von Inkjet-Produktionsdrucksystemen haben sich das Ziel gesetzt, die Qualität des Offsetdrucks nicht nur zu erreichen, sondern zu übertreffen. Gleiches gilt für Produktivität und Produktionskosten. Dabei ist technologiebedingt von Vorteil, dass – gegenüber dem Offset – die Herstellung von Druckplatten entfällt.
Die Marktsituation belegt, dass der Produktions-Inkjetdruck aktuell überwiegend durch Rollensysteme abgebildet wird. Lange Zeit hatte hier der schwarzweiße Transaktionsdruck seine Domäne. Heute realisiert man mit Inkjet-Farbdrucksystemen auch Anwendungen im Transpromo-, Mailing-, Zeitungs- und Zeitschriften-Druck sowie im Bereich “Books on Demand”. Somit kommt der Inkjetdruck umso mehr beim Auflagendruck zum Einsatz.
Insgesamt kristallisiert sich heraus, dass Inkjetdrucksysteme auf dem Vormarsch sind. Dabei geht der Trend hin zu Maschinen mit größerem Format, im Bogenbereich sogar bis zur Größe von 50 x 70 cm (B2). Während der Ipex 2010 wurde beispielsweise die Jet Press 720, eine Vierfarben-Digitaldruckmaschine im B2-Format präsentiert, die laut Fujifilm bei maximaler Produktionsgeschwindigkeit bis zu 2.700 Bogen pro Stunde einseitig bedrucken kann. Dem Trend zu B2 folgten auch andere Hersteller wie HP, Konica Minolta oder Screen. Auf der Drupa 2016 stellten Fujifilm und die Heidelberger Druckmaschinen AG zudem die Primefire 106 vor, ein Bogendrucksystem im Format B1 (70 x 100 cm), das die digitale Druckproduktion auf ein industrielles Niveau heben sollte.
Ein Problem jedoch bleibt: Da Papiere für den Inkjetdruck spezielle Empfängerschichten benötigen, die die dünnflüssigen Tinten aufnehmen, ist das zur Verfügung stehende Material hier noch nicht so vielfältig wie bei der Elektrofotografie. Ein Ansatz, um die Vielfalt der einsetzbaren Substrate zu vergrößern, ist das Aufbringen eines Primers, was jedoch in die Kostenkalkulation mit einfließt.
Ein großes Plus dieser Systeme ist hingegen: Sie können aufgrund der variablen Abschnittslänge (bei Rollensystemen) große bzw. lange Endformate erzielen. Im Großformat-Bereich gibt es sogar Rollen-Inkjetdrucksysteme mit einer Bahnbreite von bis zu fünf Metern. Weitere Punkte, die für den Inkjetdruck sprechen, sind:
Henning Ohlsson, Geschäftsführer Epson Deutschland meint, die Einführung von hoch entwickelten Tintenstrahlsystemen in immer neue Anwendungsbereiche sei eine Folge der Überlegenheit von Inkjet gegenüber anderen Technologien. Konkrete Beispiele einer Wachablösung seien bereits im Bereich des Etikettendrucks zu finden. Dies sei aber nur der Anfang, da die konsequente Weiterentwicklung der Inkjettechnologie und der dazugehörigen Tinten aufzeige, dass hier noch enormes Potenzial schlummere.
Für die Weiterverarbeitung von Digitaldrucken gibt es verschiedene Produktionansätze. Die Entscheidung für die jeweilige Produktionsweise hängt vom Produkt und von der Arbeitsweise ab.
Als Inline-Weiterverarbeitung bezeichnet man die unmittelbar mit dem Druckvorgang verbundene Verarbeitung der Druckprodukte. Bei vielen digitalen Drucksystemen werden im Inline-Verfahren die Verarbeitungsschritte Falzen, Binden und Schneiden durchgeführt. Ein Beispiel für die komplette Inline-Weiterverarbeitung ist das System Sigma-Line von Müller Martini. Diese Linie vernetzt den Digitaldruck mit den Teilprozessen der Weiterverarbeitung zu einem Gesamtsystem und ermöglicht so die vollautomatische Produktion in einem Arbeitsgang – von der Rolle bis zum fertigen Buch. Gesteuert und überwacht wird das System mittels JDF und dem Workflow-System Connex. Zugleich sinkt der Aufwand in der Erfassung der Betriebsdaten. Das wiederum ermöglicht bessere Maschinenauswertungen, einfacheres Nachkalkulieren und einfachere Maschinenplanung für die Zukunft. Erst diese Art der Integration und Vernetzung ermöglicht es, Kleinauflagen wirtschaftlich herzustellen.
Bei der Offline-Verarbeitung gelangen die Druckprodukte nicht unmittelbar zur Verarbeitung. Der Geschwindigkeitsvorteil des Digitaldrucks geht dadurch oft verloren. Die Stationen der Weiterverarbeitung sind nicht verbunden und nur teilweise automatisiert. Die Druckbogen werden zwischen den Verarbeitungsschritten manuell transportiert, gestapelt oder gelagert. Produziert jedoch die Digitaldruckmaschine mit einer anderen Leistung als die Systeme der Weiterverarbeitung, so bietet sich die Offline-Verarbeitung an. Die Verarbeitung ist so von der Taktung der Druckmaschine entkoppelt. Eine Falzmaschine kann zum Beispiel den Ausstoß mehrerer Digitaldruckmaschinen verarbeiten. Gerade bei wechselnden Aufträgen werden häufig in kurzem Abstand hintereinander Aufträge mit verschiedenen Papiersorten und -qualitäten gedruckt. Mit einer Offline-Strecke ist der Digitaldrucker unabhängig von der nachfolgenden Weiterverarbeitung.
Die Nearline-Verarbeitung ist eine Variante der Offline-Verarbeitung. Dabei werden die Druckbogen in räumlicher und zeitlicher Nähe zum Druckvorgang verarbeitet. Das Zuführen der Druckbogen in die Weiterverarbeitung erfolgt per Hand. Nearline Finishing steht in enger Verbindung zum „Print On Demand” und der Ausführung in Auflage 1. Auch das Zusammenführen von Druckprodukten aus dem Offset- mit denen aus dem Digitaldruck kann im Nearline-Verfahren erfolgen.
Die Herausforderungen, die sich bei der Weiterverarbeitung von Digitaldrucken ergeben, werden oft unterschätzt. Denn diese Weiterverarbeitung verlangt auf jeden Fall besondere Technologien und Produktionsschritte. Die Systeme müssen sich für die Umsetzung kleiner Stückzahlen und kurzer Lieferzeiten eignen.
In erster Linie gilt es, den Zeitvorteil des Digitaldrucks nicht durch das Versenden gedruckter Bogen aus der Druckerei an eine externe Buchbinderei zu verlieren. Durch eine Verarbeitung im eigenen Betrieb wird Zeit gespart, lassen sich die Kosten gezielt reduzieren und lässt sich die Wertschöpfung voll nutzen. Deshalb gründen Druckereien Weiterverarbeitungsbereiche oder nehmen deren Erweiterung vor. Für Digitaldrucker bildet sich ein neues Marktsegment mit steigendem Industrialisierungsgrad. Rainer Rindfleisch, Geschäftsführer der Kern GmbH, Spezialist für Kuvertiersysteme: „Jede zweite Maschine, die wir jährlich ausliefern, geht bereits zu Digital-, Offset- oder Hausdruckereien. Druckereien haben erkannt, dass insbesondere die Weiterverarbeitung, weil sie am Ende der Wertschöpfungskette steht, noch Potenzial und Wachstumsmöglichkeiten bietet.“
Da für den Digitaldruck kleine und kleinste Auflagen typisch sind, verlangt dies nach einer Weiterverarbeitungstechnik mit kurzen Rüstzeiten und hohem Automatisierungsgrad. Thomas Krischke, ehemaliger Leiter Postpress Commercial der Heidelberger Druckmaschinen AG und heutiger Geschäftsführer beim Weiterverarbeitungsspezialisten Müller Martini, hat die Herausforderungen einmal so zusammengefasst: “Der übergeordnete Trend in der Druckweiterverarbeitung heißt: Steigerung der Effizienz und Produktivität. Bei häufig wechselnden Kleinauflagen – im Extremfall ‘Auflage 1’ – wird dies hauptsächlich durch Rüstzeitverkürzung in der Weiterverarbeitung möglich.”
Neben den Aspekten der hohen Automatisierung und kurzen Rüstzeiten ist heute auch die Kombinierbarkeit und Flexibilität von Weiterverarbeitungssystemen stark gefragt, um sie sowohl für Offset-, als auch für Digitaldrucke einsetzen zu können. Jörg Stutz, Geschäftsführer der Firma FKS, ist der Meinung, dass Maschinen zur Verarbeitung traditioneller Drucke selbstverständlich auch Digitaldrucke verarbeiten können sollten, aber diese den Herausforderungen bei der Verarbeitung digitaler Druckbogen oft nicht standhalten. Ein Trend, der sich bereits auf der Drupa 2012 zeigte, war der zu so genannten Hybridsystemen, die sowohl konventionell erstellte Drucksachen als auch Digitaldrucke separat oder beliebig gemischt verarbeiten können.
Weitere Besonderheiten in der Weiterverarbeitung resultieren aus den Möglichkeiten des variablen Druckens. Hierfür benötigt man keine konventionelle Sammelheft- oder Zusammentragmaschine, denn die Bogen werden im Digitaldruck bereits in der richtigen Reihenfolge gedruckt. Benötigt wird dagegen ein System, das die Bogen nach dem Druck vereinzelt und einem Broschürensystem zuführt, das sie falzt, heftet und schneidet.
Das Drucken verschiedener Formate ist für ein digitales Drucksystem unproblematisch. Doch das Falzen unterschiedlicher Formate in wechselnder Reihenfolge ist mit konventionellen Falzmaschinen nicht möglich. Dafür hat beispielsweise MB Bäuerle als Lösung das „selektive Falzen“ entwickelt. Eine Längemesseinrichtung und spezielle Taschen bilden die Grundlage dafür. Das System misst die Länge jedes Bogens und erkennt, wann die Taschen zu verschließen beziehungsweise zu öffnen sind, um den richten Falz zu erzeugen. So lassen sich in beliebiger Folge 8- oder 16-Seiter oder gefalzte und ungefalzte Bogen produzieren.
Problematisch ist es, wenn bei personalisierten und individualisierten Drucken Makulatur entsteht. Fehlende Bögen müssen nachproduziert werden, da sie Einzelstücke sind. Die Herstellung personalisierter und individualisierter Drucksachen wird aus diesem Grund oft mit Barcodes und entsprechenden Lesegeräten begleitet. Sind mehrere mit variablen Inhalten versehene Bögen zusammenzuführen, ist die Verarbeitungsreihenfolge entscheidend. Alle diese Besonderheiten haben zur Entwicklung neuer Systeme und Weiterverarbeitungslinien geführt, die folgende Anforderungen erfüllen sollten: ein möglichst einheitliches und einfaches Bedienkonzept, kurze Rüst- und somit kaum Stillstandszeiten sowie minimale Makulatur.
Die Technologien des Digitaldruckes und der entsprechenden Weiterverarbeitung befinden sich in ständiger Entwicklung und neue technische Innovationen auf diesen Gebieten bringen neue Geschäftsmodelle hervor. Je leistungsfähiger die Digitaldrucksysteme werden, desto anspruchsvoller wird auch die Weiterverarbeitung. In beiden Bereichen gibt es regelmäßig Neuentwicklungen.
Die wichtigsten Anbieter der Branche, Geschäftsfelder und Anwendungsmöglichkeiten stellt unser E-Dossier “Die besten Technologien im Digitaldruck” zusammen.
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Artikel unter Verwendung eines Beitrags von Petra Ebeling.
Erstmals erschienen 2012, letzte Aktualisierung 05.03.2018.