Das englische Wort Deinking bedeutet kurz gesagt die Entfernung von Druckfarben aus dem Papier – das Verfahren trägt also dazu bei, dass bedrucktes Altpapier für die Papierherstellung genutzt werden kann. Zwar ist dies auch ohne Deinking möglich, das Recyclingpapier erhält dann aber eine kräftige graue Tönung. Den Entzug der Druckfarben ermöglicht der Einsatz von speziellen Chemikalien.
Die Lösung der Druckfarben aus dem Papier funktioniert mithilfe von Chemikalien. Doch vor dem eigentlichen Deinking steht die Vorbereitung des Papiers: Nach dem Entfernen von Fremdkörpern wie Klammern wird es mechanisch zerkleinert und mit Wasser vermischt. Erst der dabei entstehende Altpapierbrei kann der sogenannten Flotation unterzogen werden. Dafür werden ihm nun in mehreren Prozessen chemische Stoffe zugesetzt, beispielsweise:
Sie lösen und waschen die Farben aus den Papierfasern und treiben sie im Wassergemisch nach oben. An der Oberfläche sammeln sie sich in einem Schaum, der schließlich abgetragen werden kann. Dieser Vorgang wird – je nach gewünschtem Weißgrad des neuen Papiers – wiederholt. Dabei entsteht belasteter Abfall. Allerdings sind die für die Druckfarbenentfernung eingesetzten Chemikalien weniger umweltschädlich als jene, die zur Herstellung von Frischfaserpapier aus Zellstoff eingesetzt werden.
Soll das neue Papier hellgrau oder weiß werden, steht nach dem Deinking das Bleichen des Faserbreis durch Sauerstoff oder Wasserstoffperoxid an. Dann werden dem Altpapierbrei Frischfasern beigemengt, denn: Nach fünf bis sieben Recycling-Durchläufen sind die einzelnen Fasern zu kurz und brüchig, um die Stabilität des Recyclingpapiers zu gewährleisten. Schließlich folgt in drei Schritten die Verarbeitung des Breis zum Papier:
So entstehen neben grafischen Papieren für Druckerzeugnisse wie Zeitungen und Bücher auch Hygienepapiere. Aus der separaten Verarbeitung von Alt-Kartonagen kann zudem Recycling-Karton oder -Wellpappe erzeugt werden.
Ob sich ein Material für die Durchführung eines Deinking-Verfahrens eignet, lässt sich anhand der Ingede-Methode 11 klären. Diese “Bewertung der Recyclingfähigkeit eines Druckprodukts – Deinkbarkeitsprüfung” liegt auch der DIN Spec 55700 und dem aktuellen Entwurf für die ISO 21993 zugrunde. Anhand einer Substratprobe prognostiziert das Laborprüfverfahren, wie sich ein bedrucktes Papier im Deinking verhalten wird.
Die Papierindustrie benötigt diesen Standard, weil sie stets vor der Herausforderung steht, die am besten geeignete Technologie zum Trennen von Papierfasern und Druckfarbe zu finden. Denn das Gros der Erzeugnisse von konventionellem Offset und Tiefdruck enthält einen unkalkulierbaren Anteil, der Probleme im Deinking mit sich bringt. So kann davon ausgegangen werden, dass Altpapier – da es aus verschiedenen Druckerzeugnissen besteht – immer auch Komponenten aufweist, die das Verfahren stören oder verhindern. Dazu gehören beispielsweise:
Das Deinking-Verfahren ist nur mit Druckfarben durchführbar, die wie die dafür eingesetzten Chemikalien hydrophob (wasserabstoßend) sind. Deshalb sind die seit Jahrzehnten erprobten Produkte des Offset-Druckverfahrens, die den Löwenanteil in der Printproduktion ausmachen, meist problemlos recyclingfähig. Dagegen lassen sich auf diese Weise beispielsweise nicht aus dem Papier lösen:
Auch manche Digitaldrucke – beispielsweise HP-Indigo-Drucke, die als Makulatur bei der Fotobuch-Produktion anfallen – bereiten Probleme. In Frankreich gibt es Bestrebungen, die entsprechenden Druckereiabfälle getrennt zu erfassen. Andere Digitaldruckanlagen wie der AccurioJet KM-1 von Konica Minolta produzieren ausdrücklich recyclingfähige Drucke.
Ein schwieriges Feld im Deinking sind UV-härtende Farben. Diese vernetzen durch die vom UV-Licht induzierte Polymerisation und liegen filmartig auf dem Papier. Deshalb können sie beim Deinking teilweise nicht herausgeschwemmt werden, es verbleiben mitunter Farbreste im Papierbrei. Da jedoch UV-Farben durch die schnelle Trocknung enorme Vorteile im Druckprozess bieten, werden sie immer häufiger eingesetzt.
Deshalb arbeiten Farbenhersteller an einer verbesserten Deinkbarkeit ihrer UV-Farben. Einer von ihnen ist Siegwerk, der im Frühjahr 2019 gemeinsam mit dem Papier- und Verpackungsmittelhersteller Stora Enso ein UV-/LED-Offsetfarbensystem für verschiedene Papiersorten vorstellte.
Dieses verfügt laut Hersteller über gute Deinking-Eigenschaften – geprüft mithilfe der Ingede-Methode 11 (01/2018) und der EPRC-Scorecard – sowohl bei gestrichenem als auch bei ungestrichenem, aufgebessertem Papier für Zeitungen. Das Farbsystem eignet sich für den Akzidenz- und einfachen Verpackungsdruck.
⇒ Nähere Informationen über das neue Farbsystem finden Sie hier.
Anlässlich ihres 28. Symposiums wies die Ingede, Internationale Forschungsgemeinschaft Deinking-Technik e.V., im Februar 2019 auf die Probleme hin, denen die Deinker aktuell gegenüberstehen. Zu diesen Herausforderungen zählen:
Die Ingede, Internationale Forschungsgemeinschaft Deinking-Technik e.V., ist ein gemeinnütziger Verein mit Sitz in Deutschland. Sie wurde 1989 als Zusammenschluss verschiedener europäischer Papierhersteller gegründet.
Die Ingede hat es sich zum Ziel gesetzt, die Recyclingfähigkeit grafischer Druckprodukte zu erhalten und zu verbessern. Es soll also die Verwertung von grafischen Druckprodukten zu folgenden neuen Papiererzeugnissen unterstützt werden:
Dafür stellt die Ingede im Auftrag der Papierindustrie Untersuchungen an und treibt entsprechende Forschungs- und Entwicklungsprojekte voran. Als ihre Aufgaben nennt sie im Einzelnen, sich für die folgenden sechs Themen einzusetzen:
Die Ingede liefert Methoden zur Vorhersagbarkeit des Deinkings in typischen Papierfabrik-Konfigurationen und veröffentlicht (gemeinsam mit dem European Recycling Council) Wertetabellen zum Deinkbarkeitspotenzial von Druckprodukten. Derartige “Scorecards” bestimmen die Eignung der verschiedenen Papiersorten anhand der folgenden optischen Eigenschaften:
Vergleichbare Scores für Recyclingsorten will eine weitere Norm, die ISO 21331, weltweit etablieren.
Weitere Informationen über die Inhaltsstoffe von Papieren und deren Normung bietet ein Artikel von Dieter Kleeberg, der in Deutscher Drucker 1/2019 erschienen ist.
⇒ Hier können Sie die Ausgabe DD 1/2019 gedruckt oder digital bestellen.
Die folgende Übersicht stellt die wichtigsten Daten zur Ingede zusammen.
Adresse | Ingede e. V. Oetztaler Straße 5 B 81373 München |
Telefon | +49 (0) 89 769-2333 |
E-Mail-Adresse | info@ingede.com |
Webseite | pub.ingede.com |
Mitglieder | 27 Papierfabriken mit Deinking-Anlage in:
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Veranstaltungen | Neben dem jährlichen Symposium veranstaltet die Ingede 2019 (mit Partnern):
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Artikel u. a. unter Verwendung von Beiträgen von Petra Ebeling und Dieter Kleeberg.
Erstmals erschienen 2019, letzte Aktualisierung 05.04.2019.