Das industrielle Buchbinden besteht aus drei Schritten:
Die näheren Abläufe hängen auch von der Art der Bindung ab, sie werden im Folgenden prinzipiell erklärt.
Der erste Schritt ist die Bogenbearbeitung: Wenn das bedruckte Papier in der Weiterverarbeitung eintrifft, ist es entweder schon gefalzt (Rotabogen) oder plano – die Planobogen müssen zuerst noch geschnitten und dann gefalzt werden. In Bündelpressen erhält das Produkt anschließend seine endgültige Dichte und Festigkeit.
Im nächsten Schritt folgt die Buchblockbildung, das Übereinander- und Ineinanderlegen der Bogen in der gewünschten Reihenfolge. Dies geschieht meist in der Sammeldrahtheftmaschine, die auch das Heften erledigt. Wie dieser Arbeitsgang funktioniert und worin sich die Alternativen Klebebindung, Drahtkammbindung und Fadenheften unterscheiden, klärt der Abschnitt “Die 4 gebräuchlichsten Bindearten”.
Ist die Buchblockbearbeitung fertig, die je nach Art von Heftung oder Klebebindung aus verschiedenen Elementen besteht, wird im dritten und letzten Schritt der Einband produziert. Bei einem Softcoverband wird dieser als Broschur bezeichnet und besteht aus einem elastischen Element wie Karton oder Gewebe. Der sogenannte Deckenband eines Hardcoverbuchs besteht dagegen aus vier Elementen:
Für die teuersten Einbände, die ausschließlich von Hand hergestellt werden, kommen auch Leder oder Pergament zum Einsatz. Falls gewünscht, können Vorder- und Rückendecke zudem mit einem Füllmaterial um bis zu 4 mm aufgepolstert werden. Diese sogenannte wattierte Buchdecke ist aufwendig herzustellen und daher ebenfalls teuer.
Sind die benötigten Teile zugeschnitten und montiert, folgt das Verzieren ds Einbands. Hier können verschiedene Formen der Dekoration zur Anwendung kommen:
Nun sind Buchblock und -decke fertig und können verbunden werden – oder verheiratet, wie Buchbinder es nennen. Dabei ist das Klebeverfahren am weitesten verbreitet: Hier werden die Vorsätze des Blocks, manchmal auch sein Rücken, an die Buchdecke angeklebt. Für einen sogenannten hohlen Rücken wird auf die Rückenseiten des Buchblocks ein Schlauch aus Papier (sog. Hülse) aufgeklebt; er verbessert das Aufschlageverhalten und kommt daher vor allem bei Büchern von größerem Umfang zum Einsatz. Seltener wird der Buchblock in dafür vorgesehene Taschen an der Innenseite des Einbands eingesteckt.
Nun folgt ein letztes Abpressen und – bei der Mehrzahl der Bücher mit festem Einband – das Einbrennen der Falz: Diese Vertiefung zwischen Rückeneinlage und Deckelpappen erleichtert als Art Scharnier das Öffnen des fertigen Buches.
Bücher werden heute massenhaft in E-Book-Readern und ganzen Online-Bibliotheken aufgenommen – da erscheint das handwerkliche Buchbinden, die Fertigung eines einzelnen Bandes von Hand, wie eine längst vergessene Kunst aus dem Mittelalter. Doch dieser Eindruck trügt, wie das folgende Video zeigt: Es ist nur ein Beispiel von zahllosen Buchbinder-Porträts und DIY-Anleitungen für das Buchbinden, die im Netz zehntausendfach geklickt werden.
Denn in Nischen, wenn es etwa um besondere Techniken oder die Herstellung von Einzelstücken geht, ist die klassische Herstellung eines gebundenen Buches noch immer gefragt. Vermutlich trägt auch die Digitalisierung dazu bei, dass die Kunden den Wert eines gedruckten und aufwendig gestalteten Buches neu zu schätzen lernen.
Unser Beispiel stellt den Buchbindermeister Johannes Schneider vor, der in seiner mehr als 100 Jahre alten Werkstatt der Buchbinderei Gärtner-Fiederling in Mainz ein hochwertiges Unikat – eine Familienchronik – bindet. Dies beginnt mit der Auswahl des Leders durch die Auftraggeberin und führt über das Falzen der Bogen zum Heften der Lagen und schließlich zur Herstellung des Einbands.
Jeder Arbeitsgang besteht aus zahlreichen Handgriffen. Vornehmlich mechanische Unterstützung nutzt der Buchbindermeister, etwa durch eine hydraulische Presse oder den Heftrahmen. Eine der wenigen Maschinen im engeren Sinne, die zum Einsatz kommen, ist eine Präzisionsschneidemaschine aus den 1970er-Jahren. Andere Werkzeuge und Hilfsmittel muten dagegen direkt anarchisch an: etwa das knöcherne Falzbein zum Vertiefen von Falzen oder ein Stein zum Beschweren des Buchblocks, während der Meister seinen fadengehefteten Rücken mit Leim einstreicht.
Wer das Buchbinden lernen möchte, sollte grundsätzlich die folgenden Eigenschaften mitbringen:
Eine bestimmte Vorbildung ist nicht vorgeschrieben, allerdings erwarten die meisten Ausbildungsbetriebe mindestens einen Hauptschulabschluss. Die Ausbildung dauert drei Jahre und findet dual an der Berufsschule und im Betrieb statt.
Vor der Wahl des Ausbildungsplatzes sollte man sich mit den beiden Schwerpunkten der Tätigkeit auseinandersetzen. Denn das Berufsbild gliedert sich in das handwerkliche und das technische Buchbinden. Letzteres war bis 2011 in die Fachrichtungen Buchfertigung und Druckweiterverarbeitung unterteilt, heute fasst es der Ausbildungsberuf des Medientechnologen Druckverarbeitung zusammen. In den nächsten Absätzen werden sowohl handwerkliche wie auch das technische Buchbinden vorgestellt.
⇒ Alle Berufe der Druckbranche stellt die Seite gutenbergshelden.de vor.
In diesem Fachbereich stellen Buchbinder kleine Serien oder völlig individuelle Stücke her, reparieren und restaurieren alte Bücher. Dementsprechend sind neben viel Handarbeit auch Geschick in der Beratung von Kunden und Kreativität gefragt. Zu den Aufgaben gehören aber auch im weiteren Sinn verwandte Tätigkeiten:
Als Ausbildungsbetriebe kommen neben handwerklichen Buchbindereien auch große Bibliotheken infrage oder Druckereien, die über eine angeschlossene Weiterverarbeitung mit Buchbinderei verfügen.
Der Beruf des Medientechnologen unterscheidet sich durch die maschinelle Arbeitsweise vom handwerklichen Buchbinden. Hier müssen Abläufe geplant, Maschinen oder ganze Fertigungsstraßen gerüstet, gesteuert und gewartet werden. Die Produkte sind breit gefächert, neben Büchern werden beispielsweise auch verarbeitet:
Hier gehören auch die Kombination der Druckprodukte mit Elementen wie Aufklebern oder Warenproben und das Verpacken der Endprodukte zu den Aufgaben des Buchbinders.
⇒ Weitere Informationen finden Sie auf der Seite zum Medientechnologen.
Wer auf der Suche nach Jobangeboten für Buchbinder oder Medientechnologen Druckverarbeitung – aber auch für alle anderen Berufe der grafischen Industrie – ist, sollte regelmäßig auf dem Stellenmarkt von print.de vorbeischauen. Hier können Sie nach Beruf, Branche oder Firma sowie Arbeitsort gefiltert suchen und finden stets die aktuellen Angebote.
⇒ Zum print.de-Stellenmarkt gelangen Sie hier.
Vier Arten des Buchbindens sind heute besonders gebräuchlich; sie werden im Folgenden näher vorgestellt. Es sind diese:
Die Rückstich- oder Rückendrahtheftung erfolgt in der Regel über den Sammelhefter oder über die Zusammentragmaschine mit angeschlossener Broschürenfertigung. Dabei werden die Falzbogen gesammelt (bei der Zusammentragmaschine die Planobogen). Anschließend wird das Material durch zwei bis vier Drahtklammern im Falzrücken fixiert. Die Rückendrahtheftung eignet sich vor allem, um hohe Auflagen kostengünstig zu produzieren.
Eine Sonderform der Rückendrahtheftung ist die Ringösenheftung. Statt flacher Klammern werden dabei zu einer Öse gebogene Klammern verwendet, sodass die Produkte anschließend abgeheftet werden können.
Für Magazine und Broschüren, aber auch für Bücher kommt oftmals die Klebebindung zum Einsatz. Dabei werden die zusammengetragenen Seiten oder Falzbogen aufgestoßen und gepresst, anschließend wird der Rücken aufgeraut, um die Oberfläche für den Klebstoffauftrag zu erhöhen. Nach dem Klebstoffauftrag wird der Buchblock in den Umschlag eingehängt. Für saubere Kanten erhält das Druckprodukt noch einen Dreiseitenbeschnitt.
Entscheidend für die Eigenschaften ist der verwendete Klebstoff. Gerenell werden drei Klebstoffvarianten unterschieden:
Der folgende Überblick zeigt ihre wichtigsten Eigenschaften im Vergleich:
Dispersions-Klebstoff | Hotmelt-Klebstoff | Polyurethan- (PUR-) Klebstoff | |
Basis | Wasser | Kunstharze | Polyurethan (Kunststoffe oder Kunstharze) |
Form | wässrig | fest, muss vor Verarbeitung erhitzt werden | fest, muss vor Verarbeitung erhitzt werden |
Anwendung | + für viele Einsatzzwecke und Papiere |
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+ lässt sich extrem dünn auftragen | |||
Abbindeverhalten | – trocknet relativ langsam | + bindet schnell ab, rasche Anfangshaftung | härtet durch chemische Reaktion |
Haltbarkeit | + für strapazierte Druckprodukte geeignet |
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– kann sich nach Reaktion mit Mineralölen aus Druckfarbe lösen | |||
Temperatur-Resistenz | – empfindlich gegen Kälte | – hitzesensibel | + von – 40° C bis + 100° C |
Umwelt-Verträglichkeit | + gut recycelbar | – bei der Verarbeitung entstehen Dämpfe | |
Aufschlagverhalten | + gut | – weniger elastisch als Dispersionskleber | besser als bei Hotmeltkleber |
Preis | – teurer als Hotmelt | + günstigste Form der Klebebindung | teurer, dafür auch hochwertiger als Hotmelt |
⇒ Und weitere Informationen zur PUR-Klebebindung finden Sie hier.
Bei der Wire-O- und die Drahtkammbindung kommt (wie auch bei der weniger gebräuchlichen Plastikkammbindung und exotischen Bindungen mit Schrauben, Nieten, Ringen oder Ösen) ein Bindesystem zum Einsatz. Hier benötigt der Buchblock Löcher, durch die das verbindende Element geführt wird. Einen Buchrücken gibt es nicht. Der Vorteil der Wire-O- oder Drahtkammbindung ist, dass das so gebundene Produkt geöffnet vollkommen flach liegen bleibt. Zudem können nur bei diesem Verfahren Einzelblätter um 360 Grad umgeschlagen werden; insofern kommt diese Bindeart bei den meisten Kalendern zum Einsatz. Auch lassen sich hier verschiedenste Materialien verbinden. Je nach Buch- oder Kalenderstärke kommen unterschiedliche Lochabstände zum Einsatz. Die Schlaufen können je nach Dicke des jeweiligen Produkts variieren.
Mit Fadenheften ist meist das Einzelbogenfadenheften gemeint. Hier wird in der Fadenheftmaschine der zusammengetragene Buchblock im Anleger wieder vereinzelt. Die Bogen gelangen in eine Öffnungsstation, in der sie in der Bogenmitte durch Bogenöffnungssysteme geöffnet und anschließend zur Heftstation transportiert werden. Der Heftsattel schwenkt in das Nähzentrum ein, in dem das Einzelbogenfadenheften erfolgt. Nach jedem Heftstich drückt die Leiste den Bogen nach hinten in die Auslage.
Ursprünglich mussten beim Fadenheften alle Falzbogen gleich groß sein. Mit der Tween-Option ist es auch möglich, kleinere Falzbogen (sogenannte Tweens) in einen Buchblock mit größeren Bogen zu heften und auch verschiedene Materialien zu verarbeiten. Dies bietet sich etwa für folgende Anwendungsfälle an:
Laut Bund Deutscher Buchbinder e. V. (BDBI) ist die Zukunft des Buchbinderhandwerks klar die Bildung, dies geht aus einer Veröffentlichung zum Thema Zukunft aus dem Sommer 2018 vor. Zwei Punkte werden darin als für die Zukunftssicherung durch Bildung bedeutend hervorgehoben:
Für die Zukunftssicherung des Handwerks durch den Nachwuchs erachtet Hartmut Köhler, stellvertretender BDBI-Vorstandsvorsitzender, die “Einkommen im unteren Bereich als entscheidend”. Daher empfiehlt der Verband den Betrieben, die Ausbildungsvergütung um jeweils 50 Euro pro Lehrjahr anzuheben.
Für die Zukunftssicherung durch Restauratorentätigkeiten setzt sich der BDBI in einer Kooperation mit dem Bundesinstitut für Berufsbildung ein. Der Verband erwartet, dass im Jahr 2019 die gemeinsam erarbeiteten Änderungen der Fortbildungsordnung im Bundesgesetzblatt publiziert werden. Sie sollen künftig dafür sorgen, dass Buchbinder mit der Fortbildung “Restaurator im Handwerk” gegenüber studierten Restauratoren bei öffentlichen Ausschreibungen weniger benachteiligt werden.
Artikel unter Verwendung von Beiträgen von Martina Reinhardt.
Erstmals erschienen 2012, letzte Aktualisierung 26.04.2019.