Ein Gutachter berichtet aus der Praxis

Was schädliche Flecken auf Schmitzringen bewirken

An einer Akzidenzrollendruckmaschine kam es zum Ausbruch eines Schmitzringes im Bereich der Lauffläche. Mit der Begründung, dass hierfür Verschleiß die Ursache sei, lehnte die Maschinenbruchversicherung die Übernahme des Schadens ab. Die Druckerei legte gegen diese Entscheidung Einspruch ein und beauftragte unseren Sachverständigen mit der Ursachenermittlung für diesen Schaden.

Da für die Reparatur der Gummituchzylinder ausgebaut werden musste, konnten umfangreiche Untersuchungen am beschädigten Schmitzring vorgenommen werden. Die genaue Begutachtung der Ausbruchzone an der Schmitzringlauffläche (Schmitzring vom Gummituchzylinder) lässt deutliche Rastlinien erkennen. Diese Rastlinien zeigen bogenförmig sich ausbreitende Einzelschwingbrüche (Abbildung rechts). Im Bereich neben der Ausbruchfläche zeigen sich Abdrücke zahlreicher Ausbruchpartikel, die von der Ausbruchzone herrühren. Hierbei handelt es sich um Folgeerscheinungen aus dem Bruch.

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Korrosives Medium

An der Schmitzringlauffläche neben der Ausbruchfläche sind einige kreisrunden Korrosionsflecken mit Durchmessern von bis zu 5,5 mm vorhanden (Abbildung links). Diese kreisrunden Korrosionsflecken sind entstanden durch Flüssigkeitstropfen eines stark korrosiv wirkenden Mediums. Letzteres muss zwangsweise während des Stillstands der Maschine auf die Laufflächen der Schmitzringe eingewirkt haben. Auffällig ist hier auch der ringförmig korrosive Werkstoffabtrag entlang der Fleckenränder. Dieser ausgeprägte Korrosionsangriff entlang der Fleckenränder rührt daher, dass an den Tropfenrändern mehr Luftsauerstoff vorhanden ist, wodurch Oxidation beschleunigt wird. An den Innenflächen (Zentren) der Korrosionsflecken liegt Grübchen- und Lochkorrosion vor. Außerhalb der Korrosionsflecken ist die Schmitzringlauffläche intakt und ohne Schaden.

Ursache für Schmitzringbruch

Innerhalb der Korrosionsflecken war vor dem Ausbruch die korrosive Schädigung der Lauffläche bereits so weit fortgeschritten, dass aufgrund der Kerbwirkung der Korrosionsnarben bei dynami-scher Druckschwellbelastung (im Betrieb der Druckmaschine) mechanische Pittingbildung auftritt. Die Pittingbildung bei der vorliegenden tribologischen Beanspruchung wird durch lokales Überschreiten der Festigkeit des Schmitzringmaterials aufgrund der Hertzschen Pressung zwischen den Schmitzringpaarungen hervorgerufen. Entscheidend ist dabei die Tatsache, dass bei Hertzscher Flächenpressung das Maximum der Bauteilspannung nicht an der Bauteiloberfläche, sondern in einer charakteristischen Tiefe unterhalb der Oberfläche auftritt, so dass das Material dann entsprechend dem hier vorliegenden Bruchbild ausbricht.

Herkunft der Korrosionsflecken

Die Antwort auf die Frage nach der Herkunft der Korrosionsflecken findet sich jetzt recht schnell. Nach Auskunft der Druckerei wurden geraume Zeit vor dem Schaden einige Verschleißerscheinungen an den galvanischen Nickel-Beschichtungen der Plattenzylinder tampongalvanisch repariert. Bei einer tampongalvanischen Reparatur kommt ein saurer Elektrolyt zum Einsatz. Nach weiteren Recherchen stellte sich heraus, dass die Reparaturfirma für die tampongalvanische Reparatur der Beschichtungen der Plattenzylinder einen sehr sauren Kupferelektrolyten eingesetzt hatte. Mit diesem Elektrolyten erzielt man eine um etwa dreißig Prozent schnellere Reparatur im Vergleich zum üblichen Silberelektrolyten. Im eigenen Labor wurde mit Hilfe des zum Einsatz gekommenen Kupferelektrolyten bei tropfenförmiger Applikation auf einer intakten Schmitzringlauffläche das Erscheinungsbild nachgestellt. Bereits nach einer Einwirkungszeit von ungefähr eineinhalb Stunden auf die Lauffläche eines intakten Schmitzrings zeigten sich dieselben kreisrunden Korrosionsflecken. Der gesamte Reparaturumfang für die auszutauschen Schmitzringe beläuft sich auf ungefähr 600 000 Euro. Der Betriebsunterbrechungsschaden ist hier noch nicht enthalten.

Zusammenfassung

Der Ausbruch an der Lauffläche des Schmitzringes ist nicht verschleißbedingt verursacht worden, sondern als Folge einer tröpfchenförmigen korrosiven Beaufschlagung durch einen sehr sauren Kupferelektrolyten, welcher bei der tampongalvanischen Reparatur der Zylinderbeschichtung der Plattenzylinder zum Einsatz kam. Die Fachfirma, welche die tampongalvanische Reparatur durchgeführt hatte, war bei den Vorbereitungen unachtsam und hatte die Schmitzringe nicht oder nur unzureichend abgedeckt. Der schadenbedingte Reparaturaufwand ist mit 600 000 Euro beachtlich. Versicherungstechnisch handelt es sich für den Betreiber der Druckmaschine um ein unvorhergesehenes Ereignis, für welches die Maschinenbruchversicherung regulieren muss. Ein Regress beim Haftpflichtversicherer der Fachfirma für die tampongalvanische Reparatur ist dann die Folge.

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