Typografie: Warum Schriftgestaltung unterrichten?

Typografie: Interview mit Jérôme Kniebusch anlässlich der LTT 2018.
Der Gestalter, Forscher und Kurator Jérôme Knebusch.(Bild: Klaus-D. Sonntag)

Der Gestalter, Forscher und Kurator Jérôme Knebusch arbeitet in den Bereichen Grafik, Buch- und Schriftgestaltung. Er lehrt am Staatlichen Institut für typografische Forschung in Nancy (ANRT) und an der Kunsthochschule Metz. Hier hat er ein pädagogisches Projekt initiiert, das in die Ausstellung „Pangramme: learning type design“ mündete. Ihre letzte Station ist das Leipziger Museum für Druckkunst. Die Ausstellungseröffnung war zugleich der Auftakt für die 24. Leipziger Typotage 2018. print.de sprach mit Jérôme Knebusch über das Typografie-Projekt.

 

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Typografie, Grafikdesign und Typedesign sollten sich gegenseitig stimulieren

 

print.de: Wie und weshalb soll man heutzutage Typedesign lehren?

Jérôme Knebusch: Es wäre trist, wenn wir keine neuen Schriften gestalten würden – auch wenn wir erstaunlich gut über 500 Jahre alte Schriften lesen können. Historische Satzschriften oder Gattungen wiederzubeleben, ist eine gängige und legitime Praxis. Durchaus kann man Typedesign als eine immer wiederkehrende Variation ein- und desselben Themas betrachten, allerdings in einem technischen Kontext, der uns stets neu fordert. Meine persönlichen Interessen und Kenntnisse fließen natürlich in die Lehre ein, aber für die Studierenden ist es erst mal eine ganz neue Erfahrung. Auch wenn kein Abschluss in diesem Gebiet angestrebt wird, lernt man durch das Gestalten von Schriften sie besser zu „lesen“, das heißt Unterscheidungsmerkmale besser zu erkennen und sie gezielt einzusetzen. Ich bin stets bemüht, Typedesign in einem Kontext der Anwendung zu unterrichten, so dass Typografie, Grafikdesign und Typedesign sich gegenseitig stimulieren – und der Schriftentwurf nicht im Vakuum entsteht.

 

print.de: Warum eine Ausstellung mit Schriftentwürfen von Studenten?

Jérôme Knebusch: Nur ein Bruchteil der studentischen Entwürfe wird sichtbar, etwa wenn eine Schrift anschließend durch eine Foundry veröffentlicht wird. Zudem gibt es wenig Fachpresse, und meistens werden hier nur Schriften diskutiert, die publiziert oder im Auftrag entstanden sind. Studentische Schriftentwürfe kommen zudem häufig nicht für eine Veröffentlichung in Frage, da sie zu experimentell sind (was der Hochschulkontext ermöglicht) oder weil sie nur in einem bestimmten, womöglich sehr persönlichen Kontext (Projekt) funktionieren. In vielen Studienbereichen gibt es Wettbewerbe, Festivals oder Ausstellungen, in denen Studenten ihre Arbeiten präsentieren können, kaum aber im Typedesign. Wir haben uns ebenfalls erhofft, einen Überblick der Schulen zu schaffen.

 

print.de: Wie haben Sie den Aufruf verbreitet?

Jérôme Knebusch: Plakat, Postkarten, Webseite, soziale Netzwerke. Slanted und 365 Typo waren Medienpartner.

 

print.de: Wie war die Resonanz?

Jérôme Knebusch: Erstaunlich: 194 Projekte aus 25 Ländern!

 

print.de: Wie haben Sie selbst Schrift und Typografie gelernt?

Jérôme Knebusch: Eigentlich schon sehr früh, in meiner Jugend als Graffiti-Writer. Dann vorwiegend eigenständig während des Studiums der visuellen Kommunikation in Nancy (wo es keinen Typografie-Kurs gab) und dann als Post-Master am Staatlichen Institut für typografische Forschung, ebenfalls in Nancy. Hier habe ich unter anderem von Hans-Jürg Hunziker gelernt.

 

print.de: Ihre Botschaft für den Nachwuchs?

Jérôme Knebusch: Ich bin erstaunt, wie hoch heute das Niveau in der Schriftgestaltung bereits im Studium ist. Fonts werden rasch in vielen Schnitten und sogar Schriftsystemen ausgebaut, das war vor zehn Jahren noch nicht so. Die Programme und technischen Möglichkeiten haben sich rasant entwickelt und sind zugänglich geworden, sie lösen derzeit eine regelrechte Faszination aus. Manchmal bleibt dabei allerdings das Konzept oder die Originalität auf der Strecke – das sollte man stets im Auge behalten.

 

Mehr über Knebuschs Projekt und die Leipziger Typotage lesen Sie übrigens in Deutscher Drucker 9/2018. Das Heft kann als Einzelausgabe im print.de-Shop bestellt werden. Und wer noch kein Abo hat, aber kein Heft mehr verpassen will, der findet sicher hier das passende Abo-Modell.

Und hier wiederum geht’s zur Bildergalerie der Leipziger Typotage 2018. [5256]

 

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