Kommentar von Gero Maatz zu den Corona-Hilfspaketen
Kredit-Tilgung als zusätzliche Herausfordung
von Redaktion,
In einer Umfrage des ifo-Instituts wurden Unternehmen aus diversen Branchen zu ihrer Unternehmenslage in der Corona-Krise befragt. Insgesamt sehen sich 21% von ihnen in ihrer Existenz bedroht. Die Spreizung ist allerdings sehr groß. Den Vogel schießen die Reiseveranstalter mit 85% ab, gefolgt von der Hotellerie mit 76% und der Gastronomie mit 67%. Im verarbeitenden Gewerbe beurteilen 53% der Metallverarbeitungsbetriebe und 38% der Textilhersteller ihre Situation sehr kritisch. Die Druckbranche fühlt sich mit 28% offensichtlich besser gewappnet.
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Ursächlich dafür sind sicher die durch Strukturveränderungen und Krisen gesammelten Erfahrungen. Vielleicht haben aber auch die Hilfspakete der Bundesregierung im „Bazooka-Format“ zu diesem Ergebnis beigetragen. Da die Vergabe eines KfW-Kredites eine positive Fortführungsprognose erfordert, konnte ich als Berater auch in der Druckindustrie konkrete Erfahrungen sammeln.
Die erste Frage ist, ob das angekündigte Hilfsgeld wirklich so leicht zugänglich ist wie zu Beginn der Krise verkündet. Da ich bereits Anfang März von einer mittelständischen Druckerei für Geschenkverpackungen und Geschenkpapier mandatiert wurde, den Antrag für einen siebenstelligen KfW-Kredit zu unterstützen, lernte ich, dass die meisten institutionellen Kreditgeber trotz großzügiger Haftungsfreistellungen durch die KfW exakt die gleichen Richtlinien anwendeten, als gäbe es diese staatliche Risikoübernahme nicht. Schnell war der Vorwurf zu hören, dass Banken den deutschen Mittelstand „mal wieder“ im Regen stehen lassen. Es zeigte sich jedoch, dass die Finanzierungspartner nach der Aussetzung insolvenzrechtlicher Regelungen und nahezu wöchentlicher Anpassungen der Prüfungsbedingungen seitens der Förderbanken sich in die Prozesse erst einarbeiten mussten, was die Entscheidungen stark verzögerte.
Die auch nach der Kreditvergabe zu erwartenden Nachprüfungen der Förderbanken beinhalten zudem das Risiko, dass die Hausbanken am Ende doch 100% des Risikos tragen. Mit Blick auf die eigenen Kostenanpassungen ist dies natürlich das letzte, was viele Banken wollen. Im konkreten Beispiel überbrückt die Hausbank den Liquiditätsengpass erfreulicherweise durch eine Soforthilfe. Der „Tropfen auf den heißen Stein“ erfolgte schnell und unbürokratisch und erübrigte sich bald durch den KfW-Kredit.
Die zweite und viel schwierigere Frage ist, wie die Geschäftsentwicklung in den kommenden Monaten verlaufen wird. Diese Planung ist ja die Grundlage jeder Fortführungsprognose und erfordert – mit überwiegender Wahrscheinlichkeit – belastbare Fakten. Meine bisherigen Erfahrungen sind branchenübergreifend, dass die Monate März bis Juni besser als zu Beginn der Krise erwartet eingeschätzt verlaufen sind. Ein Grund zur Entspannung ist dies dennoch nicht, denn wie sich zeigt, ist die von diversen Instituten verbreitete „V-förmige Erholung“ vage. Ein U-förmiger oder L-förmiger Verlauf ist nicht minder wahrscheinlich. Mit den Hilfspaketen gewinnen Mandanten wertvolle Zeit, die Tilgung der Kredite wird aber in absehbarer Zeit eine nicht zu unterschätzende neue Herausforderung darstellen.
Ganz sicher wird es für die meisten Druckunternehmen nach der Corona-Krise weitergehen, aber bestimmt nicht wie gewohnt! Der Online-Handel hat zusätzlichen Auftrieb erhalten, das Home-Office verändert die Arbeitswelt, in der Werbung werden neue Prioritäten gesetzt und die Messepräsenz wird – wie die Absagen für die Nachhol-Drupa und vielleicht darüber hinaus zeigen – auf den Prüfstand gestellt. Druckunternehmer, die ihrem Namen gerecht werden, sind in Zukunft mit Nachdruck mehr als zuvor im Gespräch mit ihren aktuellen und potenziellen Kunden, um in Erfahrung zu bringen, wie sich die Welt dieser Kunden und der Kunden dieser Kunden verändert. Auf Basis dieser Erkenntnisse können neue Leistungsangebote entwickelt werden, die umso überzeugender sind, je mehr sie dazu beitragen, die Corona-Krise zu überwinden.