Dr. Eduard Neufeld zu antimikrobiellen Wirksubstanzen im Feuchtmittel
Für die Druckmaschine: „On-Demand“-Entkeimung
von Redaktion,
Vielleicht kennen Sie die Zwickmühle: Sie wollen die Umwelt ebenso wie die Gesundheit Ihrer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter schonen, müssen dafür aber bisweilen einen hohen Preis zahlen. Die Fogra hat einen Weg aus diesem Dilemma gesucht.
So hat beispielsweise der über die letzten Jahre kontinuierlich verringerte Einsatz von Isopropanol in den Feuchtmittelkreiskäufen eine ökologisch wie gesundheitlich positive Wirkung entfaltet. Im Gegenzug leiden viele Offsetdruckmaschinen unter einer verstärkten Belastung mit Mikroorganismen, da sich die entkeimende Wirkung des Alkohols nicht mehr in vollem Umfang entfalten kann. Dieser Effekt wird noch weiter verstärkt, weil Hersteller von Feuchtmittelkonzentraten die darin enthaltenen antimikrobiellen Wirkstoffe – ebenfalls aus ökologischen Gründen – stetig reduzieren.
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Für die Fogra war diese Problematik der Auslöser, sich ein Verfahren der Medizintechnik abzuschauen und durch Analogieschluss im Rahmen eines aktuellen Forschungsprojekts einen gänzlich neuen Weg zu suchen: Statt „ganz oder gar nicht“ sollen antimikrobielle Wirksubstanzen zukünftig nur in dem Umfang freigesetzt werden, wie sie für ihren Zweck erforderlich sind: „on demand“! Die Idee besteht darin, dass ein Hydrogel-Netzwerk wie ein Fischernetz im Feuchtmittelreservoir ausgelegt wird. Auf den Maschen dieses „Netzes“ sitzen Mikrokapseln, die mit einem entsprechenden Wirkstoff gefüllt sind und verschlossen bleiben, solange die Verkeimung gering ist.
Die im Feuchtmittel vorhandenen Mikroorganismen sondern permanent Enzyme ab. Überschreitet der Grad der Verkeimung und somit die Enzymkonzentration einen Schwellwert, öffnen sich die Kapseln und der antimikrobielle Wirkstoff tritt aus. Über eine kaskadenförmige mikrobiologische Reaktion wird die Verkeimung entsprechend zurückgefahren. Im Rahmen des Forschungsprojekts gilt es mehrere Herausforderungen zu meistern: Die Kapseln müssen so aufgebaut sein, dass sie die Wirkstoffe sicher zurückhalten und nach dem Öffnen den Druckprozess nicht weiter beeinflussen.
Das Netzwerk und die Verankerung der Kapseln sind so zu gestalten, dass sie unter den Bedingungen eines leicht sauren Feuchtmittelkreislaufs stabil bleiben. Auch muss die Geometrie des Hydrogels optimiert werden, um auf der einen Seite eine gute Durchströmung zu gewährleisten und auf der anderen Seite eine ausreichend große Oberfläche für die Kapseln zur Verfügung zu stellen. Zu guter Letzt wird eine möglichst kostengünstige Fertigung des Hydrogel-Netzwerks im 3D-Druckverfahren angestrebt.
Gelingt es uns, diese Herausforderungen zu meistern, können Drucker die Zwickmühle hinter sich lassen und antimikrobielle Wirkstoffe auf das notwendige Mindestmaß reduzieren.
Dr. Eduard Neufeld (51) leitet das Fogra Forschungsinstitut für Medientechnologien e.V. in Aschheim bei München. Er studierte Physik in Köln, Cardiff und Jülich und promovierte an der Technischen Universität München im Bereich der Halbleiterphysik. Neben Stationen in Forschung und Entwicklung war er vor der Fogra als Strategieberater der Boston Consulting Group international tätig.