„Berliner Buchbinder schließen: Wer bringt denn jetzt die schönen Bücher?“ Unter dieser Überschrift rief Anfang des Monats der FDI die Mitglieder des Bezirks Berlin zu einem Treffen auf. Krisensitzung trifft es vermutlich besser. Nachdem fast zeitgleich zwei große Berliner Buchbindereien ihren Betrieb eingestellt haben, herrscht Verunsicherung unter den Druckereien: Wohin mit unseren Aufträgen?
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Das Problem betrifft allerdings nicht nur die Hauptstadtdrucker. Bundesweit sind in den vergangenen Jahren zahlreiche Buchbindereien vom Markt verschwunden – manche mit großem Aufsehen, viele haben ganz still ihre Tore geschlossen. Gründe dafür gibt es viele: Oftmals fehlen die Nachfolger für den anstehenden Generationswechsel, wenn Sohn oder Tochter andere Zukunftspläne haben als die Selbstständigkeit in einer volatilen Branche.
Es fehlen auch die qualifizierten Fachkräfte – in einem Bereich, in dem es gerade bei anspruchsvolleren Jobs ohne das entsprechende Know-how nicht geht. Und nicht zuletzt fehlt eine Preisstruktur, bei der nicht nur kostendeckend, sondern auch gewinnbringend gearbeitet wird. Die Buchbindereien ganz am Ende der Prozesskette sind oft nicht nur zeitlich, sondern auch preislich am meisten unter Druck – und allzu viele Betriebe haben diesem Druck immer wieder nachgegeben.
Und nun? Nun könnte für Druckereien und Endkunden auf einmal nicht nur guter Rat teuer werden. Denn jetzt fehlen auf einmal Druckweiterverarbeiter, die nicht nur das benötigte Spektrum abdecken können, sondern sich auch noch in einem vertretbaren Umkreis befinden. Klar haben die meisten Druckereien mittlerweile auch Weiterverarbeitungsequipment installiert und agieren als vollstufige Dienstleister am Markt. Sobald aber die Aufträge komplexer werden und speziellere – und teure – Technik erforderlich ist, braucht es eben doch den Spezialisten. Für Buchbindereien also eigentlich keine schlechte Ausgangslage.
Das scheinen sich auch Karl-Heinz Heim, Ralf Fischer und Patrick Nill gedacht zu haben. Unter ihrer Leitung entsteht derzeit in Reutlingen eine Buchbinderei, die nahezu sämtliche Anforderungen der Druckweiterverarbeitung abdecken soll. In den bisherigen Gesprächen mit potenziellen Kunden habe man förmlich ein „Aufatmen“ gehört, berichten die drei Unternehmer. Inwieweit sich diese Erleichterung seitens der Kunden auch bezahlt macht, wird sich zeigen. Aber das aktuelle Klima dafür scheint zumindest gut zu sein.
Das Editorial erschien in Deutschen Drucker (9/2018). Das Heft kann ab sofort als Einzelausgabe im print.de-Shop bestellt werden. Und wer noch kein Abo hat, aber kein Heft mehr verpassen will, der findet sicher hier das passende Abo-Modell.
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