Die Kurz-Gruppe ist ein auf Dünnschichttechnologien spezialisierter internationaler Player. Für die Druck- und Verpackungsindustrie werden für Veredelungen Metallicbeschichtungen auf Trägerfolien angeboten. Doch wie nachhaltig sind solche Veredelungen? Deutscher Drucker sprach mit Markus Hoffmann (Mitglied der Geschäftsleitung bei Kurz) über die Vor- und Nachteile der verschiedenen Veredelungsverfahren.
print.de: Herr Hoffmann, wie ist es um die Nachhaltigkeit von Metallicveredelungen bestellt? Mit Blick auf die geforderte Recyclingfähigkeit von Printprodukten steht die Folienveredelung immer wieder in der Diskussion. Zu Recht?
Hoffmann: Es wird in der Druckbranche derzeit sehr viel über die Wiederverwertbarkeit gesprochen. Das halte ich für sehr richtig. Aber ich stelle auch fest, dass sehr viel Unklarheit in der Branche herrscht, zu der wir, das sei selbstkritisch angemerkt, als Branchenteilnehmer auch beigetragen haben. Heute sagen doch viele: Das ist ja schön und attraktiv, was Ihr da macht, aber das hat mit Folie zu tun. Von Markenartiklern und Verarbeitern bekommen wir entsprechende Fragen gestellt. Egal ob nationale oder internationale Firmen, die möchten immer wissen: Wird meine Verpackung in irgendeiner Weise schädlich für den Verbraucher? Enthält sie schädliche Stoffe? Ist sie recycelbar? Ist sie deinkbar? Ist sie kompostierbar? Mit diesen Fragen werden wir ständig konfrontiert.
print.de: Was antworten Sie darauf?
Hoffmann: Als Mitarbeiter dieses Unternehmens kann ich zunächst sagen, dass wir Fehler in der Vermittlung machen: Wenn uns ein namhafter Schokoladenhersteller aus der Schweiz fragt: Ist das Eure Folie da auf unserer Schokoladenverpackung? Dann sagen wir „Ja“. Und wenn ein führender Fahrzeughersteller seinen Kühlergrill nicht mehr mit Nassgalvanik herstellt, sondern mit unserem Verfahren, dann fragen sie uns: Ist das Eure Folie da drauf? Und dann sagen wir wieder „Ja“. Und in beiden Fällen machen wir einen Riesenfehler, weil das Endprodukt keine Folie enthält. Auch in der Druckindustrie ist es ein Problem, dass die Verfahren bei vielen Endkunden gar nicht so richtig bekannt sind und wir oft mit einem Laminierprodukt verwechselt werden. Beim Laminierprodukt habe ich tatsächlich einen Werkstoffverbund. Doch wir müssen sagen: Das, was hier übertragen wird, ist nur eine dünne Aluminiumschicht.
print.de: Nun ist aber Aluminium auch nicht gerade der Inbegriff für Nachhaltigkeit.
Hoffmann: Ja, deshalb wird sofort gefragt: Ist das Aluminium schädlich für uns? Wieviel Aluminium ist das? Darauf können wir aber antworten: Wir übertragen nur 0,02 Mikrometer (µm) Aluminium. Vereinfacht kann man sagen: Aus dem Aluminiumanteil einer Haushaltsrolle Aluminium können wir zwischen 7.000 und 12.000 qm tatsächliche Prägefolie herstellen. Nebenbei gesagt: Wenn das, was Landa macht, Nano ist, dann sind wir schon seit langem Super-Nano. In unserem Verfahren nimmt man nämlich einen sehr dünnen Polyesterfilm, der nur 12 µ dick ist, und bringt ihn in einen Verdampfungskasten. Dort wird die Folie mit Aluminiumnebel beschichtet. Der schlägt sich auf dem Polyester nieder und erzeugt damit den hohen Glanzgrad. Diese Trägerfolie liefern wir dann an die Verarbeiter, die damit ihre Substrate veredeln. Dort wird letztlich nur diese Aluminiumschicht von der Trägerfolie wieder abgelöst und auf das Produkt übertragen. Die mit unserm Material veredelten Produkte sind nachweislich deinkbar und recycelbar.
print.de: Wenn bei der Veredelung eigentlich nur eine dünne Aluminiumschicht übertragen wird: Warum sprechen Sie dann vom Prägefolienverfahren und von der Kaltfolienveredelung?
Hoffmann: Diese Begriffe haben sich bedauerlicherweise in der Branche etabliert. Aber das versuchen wir gerade zu verändern: In unseren Dokumentationen haben wir unsere Begrifflichkeit in Richtung „Transferprozess“ angepasst. Wir sprechen noch vom „Prägeverfahren“ und vom „Heißprägeverfahren“. Aber wo kalt verarbeitet wird, bezeichnen wir das jetzt korrekterweise als „Kalttransfer“ und nicht als „Kaltfolientransfer“. Denn auch der Begriff „Kaltfolientransfer“ ist Unfug, weil wir keine Folie transferieren.
print.de: Wie nachhaltig ist denn die Herstellung ihrer Produkte?
Hoffmann: Auch diese Frage wird uns immer wieder gestellt. Mittlerweile führen wir deshalb häufig unsere Kunden und Endkunden durch unsere Fertigung. Dort arbeiten im Prinzip große Tiefdruckanlagen, wo wir dünnste Ablöseschichten drucken, eine Schutzlackschicht und eine Farbschicht. Im Anschluss gehen wir durch einen Bedampfungskasten. Danach kommt noch mal eine ganz dünne Klebeschicht drauf, dann ist das Produkt fertig. Den Energieeinsatz den wir hier haben, holen wir uns zunehmend aus regenerativen Energien – in Deutschland inzwischen zu 100 Prozent.
Was man auch betrachten muss, ist die Frage, wie die Metallicapplikation beim Verarbeiter auf das Substrat übertragen wird. Und hier arbeitet Kurz quasi mit einem Trockenlack von der Rolle. Das ganze Verfahren verläuft trocken und emissionsfrei. Weder Wasser noch Lösemittel kommen zum Einsatz.
print.de: Eine kritische Frage bleibt aber, und zwar: Was passiert mit dem Trägermaterial, dem Polyesterfilm?
Hoffmann: Das stimmt. Wir bekommen den Vorwurf zu hören, dass da von einer breiten Folie nur ein kleiner Schriftzug aufgeprägt wird und der Rest ungenutzt entsorgt wird. Und das ist nicht falsch, aber auch nur teilweise richtig. Es gibt heute immer mehr Verfahren, die eine deutlich höhere Ausnutzung bis hin zur Mehrfachverwendung ermöglichen. Im schmalbahnigen Flexodruck bieten wir inzwischen eine Technologie an, bei der die Folie – zur Vornutzung versetzt – bis zu 5 x hintereinander durch die Maschine läuft. Dadurch lässt sich der Nutzungsgrad nochmals deutlich erhöhen. Aber es bleibt auf jeden Fall Trägermaterial übrig – das allerdings sortenrein in der Industrie und nicht beim Endverbraucher verbleibt und weiter genutzt werden kann.
print.de: Ist hier eine Rückgewinnung des übrig gebliebenen Aluminiums denkbar?
Hoffmann: Das wäre den Aufwand nicht wert, weil das Aluminium so dünn ist. Daran sind Recyclingunternehmen nicht interessiert. Unser Thema bleibt also der Polyesterfilm, auch wenn er nur 12 µ stark ist. Bislang wird dieses Material meistens der Müllverbrennung zugeführt, in vielen Ländern auch der Baustoffindustrie, konkret der Zementherstellung, die händeringend nach Ersatzbrennstoffen sucht.
print.de: Sind Metallicfarben, die ohne Trägermaterial auskommen, unter ökologischen Gesichtspunkten nicht die bessere Alternative?
Hoffmann: Meine Erachtens nein. Sehen Sie sich an, was auf dem Endprodukt ist: eine dünne Metallschicht. Aber bei Metallic-Farben oder bei den neu propagierten Metal-Print-Technologien sind diese Schichten etwa 0,2 bis 2 µ stark. Die Schichtstärke entspricht also etwa dem Zehn- bis Hundertfachen von dem, was wir übertragen. Und bei der Deinkbarkeit könnte ich mir vorstellen, dass diese schwieriger zu realisieren ist.
Und jetzt kommt noch ein ganz wichtiger Punkt: Die Metallpigmente fallen ja nicht von den Bäumen. Die Pigmente in den Metallicfarben sind meist auch nichts anders, als ehemals verdampftes Aluminium. Also was machen die Metallpigmenthersteller dieser Welt? Sie beziehen von Unternehmen wie von uns die metallisierte Schicht in Glattlage auf einer Folie. Und dann waschen sie diese wieder heraus. Das so Gewaschene muss chemisch weiter verarbeitet werden, um in einer Art Lack eingebunden zu sein. Diesen erhält die Branche, teilweise begleitet mit dem Argument, folienfrei zu sein. Da beginnt es meines Erachtens, etwas unseriös zu werden. Nach unserem Kenntnisstand ist es derzeit nicht möglich, Metallpigmente in dem gewünschten hohen Glanzgrad ohne die Glattlage einer Bedampfung auf einer Folie zu erreichen. Diese Folien kann man sicherlich mit mehr Material beschichten, als wir das tun, und somit den Waschertrag steigern, es braucht aber auch, wie bereits erwähnt, mehr Alu am Endprodukt als im direkten Transferprozess der Prägetechnologie. Ich kann mir nicht vorstellen, dass die abgewaschene Folie für den gleichen Prozess nochmals verwendbar ist, somit wäre auch sie ein zu entsorgender Reststoff – was der Branche sicherlich weniger bekannt ist. Somit ist meines Erachtens eine Aussage „frei von Folie“ etwas irreführend. Wir sagen: Bei jedem hochwertigen Metallisierungsverfahren ist Folie im Spiel.
Eines ist klar: Die nachhaltigste Form der Veredelung wäre – wie so oft – sie wegzulassen. Da sie aber ein herausragendes Merkmal zahlreicher Produkte ist, empfiehlt es sich genau hinzusehen, die gesamte Prozesskette zu kennen und vor allem zu bewerten: Wo ist der optische Effekt besser, und was lässt sich besser recyceln?
print.de: Jetzt müssten Sie nur noch die Trägerfolie wiederverwerten können.
Hoffmann: Ich sage es mal so: An diesem Thema sind wir dran. Wir haben Erfahrungen in so vielen Branchen, und sind mit einer großen Entwicklungsmannschaft unterwegs, dass wir durchaus in der Lage sind, hier für ein „More to come“ zu sorgen.