Projektmanagement in der Ausbildung? Ist das nicht ein Studiengang? Ja, auch, aber eben nicht nur. Anette Jacob erklärt, warum Projektmanagement in der Ausbildung so dringend gebraucht wird.
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Als der Mediengestalter für Digital- und Printmedien vor 25 Jahren an den Start ging, da gab es eine Fachrichtung, die Medienberatung hieß. Das war etwas ganz Neues bei einem gewerblich/technischen Beruf, denn die Fachrichtung war ausgerichtet auf kaufmännische Grundlagen, Kundenberatung, Kalkulation und Marketing.Bei der Neuordnung 2007 zum Mediengestalter Digital und Print war sie die einzige Fachrichtung, deren Inhalte fast unverändert in die neue Fachrichtung Beratung und Planung aufgingen.
Auch in der aktuellen Neuordnung, die am 1. August 2023 in Kraft tritt, werden diese Ausbildungsinhalte weiterhin Bestand haben und zwar in der Fachrichtung „Projektmanagement“. Die ersten beiden Ausbildungsjahre der Mediengestalter-Ausbildung sind für alle Fachrichtungen identisch, dort werden Gestaltungsgrundlagen, Bild- und Grafikdatenerstellung und -bearbeitung sowie planerische und organisatorischen Fähigkeiten vermittelt. Im 3. Ausbildungsjahr geht es in dieser Fachrichtung um folgende Inhalte: kundenspezifisches Beraten, Marketing- und Kommunikationsmaßnahmen, kaufmännische Grundlagen, Erstellung und Präsentation von Angeboten und Konzepten, Abwickeln von Projekten.
Wie man an den derzeitigen Stellenausschreibungen der Druck- und Medienbetriebe sehen kann, werden genau diese Fähigkeiten benötigt und Sachbearbeiter/-innen, Kundenbetreuer/-innen, Projektmanager/-innen und Kalkulator/-innen werden dringend gesucht. Aber warum bilden dann so wenige Betriebe in diesem Bereich aus? Derzeit werden von allen Mediengestalter-Azubis nur ca. zwei Prozent in der Fachrichtung Beratung und Planung ausgebildet, das sind rund 40 Azubis pro Jahr. Der Bedarf ist definitiv größer, aber das Potenzial dieser Fachrichtung scheint vielen Betrieben (noch) nicht bewusst zu sein.
Für den Dualen Partner Berufsschule ist diese Fachrichtung ebenfalls eine Herausforderung. Einige Standorte haben sich aber ganz bewusst dafür entschieden, in dieser Fachrichtung zu unterrichten und haben sich entsprechend weitergebildet, mit kaufmännischen Abteilungen kooperiert und z. B. übergreifende Fachklassen gebildet. Je mehr Auszubildende, umso einfacher lassen sich eigene Klassen bilden. Keinesfalls sollten sich Unternehmen davon abraten lassen, in dieser Fachrichtung auszubilden, nur weil möglicherweise vor Ort keine Beschulung möglich ist und der Azubi in eine weiter entfernte Berufsschule fahren muss. Betriebe, die einmal in dieser Fachrichtung ausgebildet haben, tun dies aus Überzeugung immer wieder, weil sie von der Qualität der Ausbildungsinhalte überzeugt sind. Die Jugendlichen, die sich für diese Fachrichtung entscheiden, sind meist überdurchschnittlich gut und motiviert und werden gerne nach der Ausbildung übernommen.
Anette Jacob ist gelernte Druckformherstellerin und hat in Wuppertal Druckereitechnik mit Abschluss Dipl. Ing. studiert. Seit 1999 ist sie Geschäftsführerin des ZFA und kümmert sich gemeinsam mit bvdm und Verdi und allen anderen Akteuren um die Berufsbildung der Branche. Ihr Kolumne erschien in Deutscher Drucker 5/2023. Das Heft steht im print.de-shop zum Download bereit.