Westland Gummiwerke blicken auf 102 Jahre Forschung und Entwicklung zurück
von Redaktion,
Georg zur Nedden, geschäftsführender Gesellschafter der Westland Industrie Holding GmbH und damit Chef von insgesamt elf Tochtergesellschaften an weltweit 14 Standorten, veranschaulicht die Tätigkeit seiner Unternehmensgruppe gerne so: „Was wir machen, ist vergleichbar mit den Reifen an einem Auto. Sie gehören unbedingt dazu, aber das Auto drum herum bauen andere.“ Im Fall der Westland Gummiwerke GmbH & Co. KG., der größten Einzelgesellschaft im Konzern, bedeutet dies: Die Westländer sind Spezialisten für Walzen und deren Beschichtung.
Sie machen 70 Prozent des Produktionsvolumens aus und sind zu einem großen Teil für die Druckindustrie. Dabei zählen Farb- und Feuchtwalzen zu den wichtigsten Produkten. In der Erstausrüstung gehören die Westland-Walzen seit Jahrzehnten zum Standard führender Druckmaschinen-Hersteller. Im After-Sales-Markt bedient das Unternehmen darüber hinaus führende Druckereien weltweit und fertigt Walzen für anspruchsvolle industrielle Anwendungen.
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Immer weniger Offsetdruckmaschinen
„Komplette Tauschwalzen, aber auch die Regummierung und Aufbereitung von Kundenwalzen, stehen im Mittelpunkt unseres Geschäftsmodells“, konkretisiert Georg zur Nedden im Gespräch mit der Grafischen Palette. Ein Geschäft, das aufgrund der schrumpfenden Zahl von Offsetdruckmaschinen in der grafischen Industrie stagniert. „Wir sehen hier eine Sättigung des Marktes“, stellt Georg zur Nedden fest. Als Wachstumsbereich identifiziert der Westland-Chef daher den Sektor der Industriewalzen, beispielsweise für die Kunststoff-, Holz- und Stahlindustrie, die aktuell 20 Prozent des Volumens bei Westland ausmachen, sowie die Produktion von Formteilen aus Gummi, etwa für die Regelgeräte, Armaturen- und Pumpenindustrie. Mit solchen Formteilen fing 1920 im Ruhrgebiet alles an: Firmengründer Ernst zur Nedden begann damals in Hattingen zunächst mit dem Handel von Gummi-Formartikeln. Überzeugt von den Marktchancen des Werkstoffs kaufte er eine kleine Gummiproduktion vor Ort und begann nicht nur mit der eigenen Herstellung, sondern auch damit, sich autodidaktisch mit der Verbesserung der Gummimischungen zu beschäftigen.
Inzwischen ist das Familienunternehmen längst ins niedersächsische Melle umgezogen. Bis heute aber produziert Westland den Gummi für seine Produkte selbst und sieht auch seine Kernkompetenz im Bereich der Materialentwicklung. Die Rezepturen sind streng gehütete Firmengeheimnisse, die kontinuierlich an die Anforderungen angepasst werden. Diese können technischer Art sein, etwa wenn es um Änderungen im Bereich der Druckchemie oder der Druckfarben geht, oder regulatorischer Art. So steht Industrieruß, der als Pigment und zur Erzielung bestimmter Eigenschaften der Gummimischung eingesetzt wird, aufgrund seiner CO2-Bilanz im Fokus. „Wir forschen daher intensiv nach Alternativen“, so Georg zur Nedden.
Permanente Innovation
Immerhin 90 Prozent der Entwicklungsarbeit von Westland besteht aus Materialforschung. Mit der 2005 gegründeten Weros Technology GmbH verfügt Westland über einen leistungsstarken Forschungs- und Entwicklungsbereich für Elastomer-Werkstoffe. Hinzu kommt eine enge Kooperation mit Hochschulen und Instituten sowie die praktische Erprobung im firmeneigenen Technikum. Aus dieser „Materialschmiede“ stammen Produkte wie das seit Jahren bewährte Lototec, mit dem Westland bereits 2009 den Innovationspreis der Deutschen Druckindustrie gewann. Bei Lototec handelt es sich um ein patentiertes Beschichtungssystem zur Versiegelung von elastomeren Walzen im Farb- und Feuchtwerk. Die dünne Schicht aus fluorpolymerem Material erhält die elastischen und dynamischen Eigenschaften der versiegelten Gummiwalzen, sorgt für eine hohe chemische Resistenz und eine niedrige Oberflächenspannung.
In der Produktfamilie AntiTac wurde kürzlich ebenfalls ein neuartiger Gummibezug für Zugwalzen in der Etikettenindustrie entwickelt. Seine hervorragenden Antihafteigenschaften dank der mikrostrukturierten Oberfläche erschweren das Anhaften klebriger Materialbahnen und Gitterreste. Das Material ist außerdem beständig gegen Lösemittel und verhindert so ein Aufquellen der Walzenbeschichtung. Eine weitere neuere Entwicklung ist Werograph-HX, ein Material für Druckwalzenbezüge. Es schützt diese vor ungewöhnlicher Nachhärtung, reduziert chemische Wechselwirkungen und verringert den Verschleiß an der Walzenoberfläche.
Träger solch spezifischen Know-hows im Unternehmen sind die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, und deshalb bildet Westland für den Eigenbedarf junge Menschen in vielen Berufen aus, vom Mechatroniker bis zum Ingenieur im dualen Studium. 19 sind es aktuell, und die meisten von ihnen bleiben auch aufgrund der guten Aufstiegsperspektive im Betrieb. „Grundsolides Fachpersonal ist nicht zuletzt auch unsere Visitenkarte“, betont Georg zur Nedden mit Blick auch auf die zahlreichen Fachmessen, auf denen sein Unternehmen auch in 2023 Präsenz zeigen und mit den Kunden in Dialog treten will.