Elektrofotografische Digitaldrucksysteme nehmen es mit dem Inkjetdruck auf
Liegt die Zukunft des Digitaldrucks im Flüssigtoner?
von Redaktion print.de,
In Anlehnung an die Bürofarbdrucker wurden auch die Digitaldruckmaschinen für die Druckindustrie auf Basis des elektrofotografischen Verfahrens mit Trockentonern konzipiert. Sie sollten nicht nur schneller als die Bürofarbdrucker sein, sondern auch die Bildqualität des Offsetdrucks erreichen. Das ging gründlich daneben. Der Anspruch, dass eine Digitaldruckmaschine die gleiche Bildqualität wie eine Offsetdruckmaschine liefern muss, ist verständlich, aber auch unrealistisch. Denn nicht nur die Farben – Offsetfarbe und Pulvertoner unterscheiden sich völlig – auch die Farbübertragung und Papierbehandlung führen zu unterschiedlichen Resultaten.
Die 5 Probleme des Trockentoners
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Vor 20 Jahren kamen die ersten Digitaldruckmaschinen für Offsetdrucker auf den Markt. Bis heute haben sie eine Farbdruckqualität erreicht, die ebenso gut sein kann wie ein Offsetdruck. Dennoch sehen Fachleute fast immer sofort den Unterschied zwischen beiden Verfahren – weil die Anmutung anders ist.
Die Offsetfarbe wird auf gestrichenem Papier 1 – 2 µm hoch aufgetragen, mit einem Trockentoner im elektrofotografischen Verfahren jedoch 8 – 15 µm hoch, weil die Pigmente zur Farbübertragung bei Größen von weniger als 5 µm Durchmesser zu schweben beginnen.
Um den Toner auf dem Papier zu fixieren, wird er mit einer Heizwalze bei 180 – 220 °C quasi auf das Papier aufgeschmolzen. Dadurch erscheint die Farbschicht glänzend.
Beim Falzen der fixierten Drucke platzt die geschmolzene Farbe häufig im Falz auf.
Durch die Hitze der Fixierung verliert das Papier Feuchtigkeit und wird wellig.
Für die Übertragung der Farben wird ein hoher Anteil an Farbpigmenten benötigt, was Drucksachen mit hohem Farbanteil sehr teuer macht. Der Flächendeckungsgrad muss also in der Preiskalkulation berücksichtigt werden.
Flüssigtoner von HP Indigo
Nur ein Hersteller liefert heute Maschinen, deren Drucke auch von Fachleuten als die „offsetähnlichsten Digitaldrucke“ beurteilt werden, nämlich HP Indigo. Deren Technologie wurde seit 1984 entwickelt und erstmals auf der Ipex 1993 vom Erfinder Benny Landa vorgestellt. Die Maschinen bezeichnete er als „Digital Offset Press“. Damit unterstützte Landa die These, Digitaldruckmaschinen müssten Offsetqualität drucken – was damals unsinnig war und sich als großes Problem erweisen sollte. Er wählte den Vergleich, weil er als Erster in der Druckindustrie Flüssigtoner einsetzte, die Farben nacheinander auf einen Gummituchzylinder auftrug und anschließend alle Farben zusammen aufs Papier übertrug. Damit nutzte er das Prinzip des Offsetdrucks und weckte mit der doppeldeutigen Bezeichnung „Digital Offset Press“ Erwartungen, die er zum damaligen Zeitpunkt nicht einhalten konnte. Erst 1999 konnte das Unternehmen mit der Ultrastream 2000 eine stabil druckende Maschine liefern, die wirklich die Bildqualität des Offsetdrucks erreichte. Das fiel auch der Firma Hewlett-Packard auf, die sich erst aus Interesse an der Technologie finanziell beteiligte und Mitte 2001 das Unternehmen Indigo komplett übernahm.
Nur ein Makel haftet den Indigo-Drucken heute noch an: Bei der Übertragung des Flüssigtoners auf die Gummiwalze entsteht ein Polyethylenfilm, der mit der Farbe aufs Papier übertragen wird. Diese Schicht löst sich bei der Druckfarbenentfernung im Papierrecycling jedoch nicht auf und verschmutzt mit ihren Partikeln das Neupapier. HP ist sich des Problems bewusst und arbeitet an einer Lösung, Druckereien mit Indigo-Maschinen sollten deshalb ihr Makulaturpapier bis dahin nicht ins Altpapier zum Recycling geben.
Die Grenzen erreicht
Xerox hat als Erfinder des elektrofotografischen Druckprinzips (Xerografie) in 20 Jahren Weiterentwicklung das Ziel des Offsetdrucks erreicht. Mit der iGen 150 bietet das Unternehmen heute eine Trockentoner-Druckmaschine an, die vielleicht die Anmutung des Offsets nicht erreicht, dafür aber höchste Ansprüche an die Bildqualität erfüllt. Mit 150 Seiten A4 pro Minute hat Xerox mit der iGen 150 zudem die Geschwindigkeitsgrenze für den Vierfarbendruck erreicht.
Für den schnelleren Rollen-Vierfarbdruck hat man mit der Cipress 500 ein Inkjetdrucksystem entwickelt, das bis zu 150 m/min druckt, was rund 2050 A4-Seiten pro Minute entspricht. Zum Einsatz kommt hier eine Festtinte, die sofort nach dem Auftreffen auf das Papier trocken ist. Um Systeme für noch höhere Druckleistungen anbieten zu können, hat Xerox vor einem Jahr zudem die französische Firma Impika mit ihren Inkjet-Rollendruckmaschinen übernommen.
Ist der Inkjetdruck am schnellsten?
Der Inkjetdruck erreicht dank der Graustufentechnologie und der Piezo-Düsenköpfe inzwischen eine fotografische Qualität, die in Farbumfang und -brillanz der Xerografie und dem Offset ebenbürtig sein kann. Als Farbe dient der reine Farbstoff, der zusammen mit Lösungsmitteln eine flüssige Tinte bildet und das Drucken bei hohen Geschwindigkeiten ermöglicht. Wegen der schädlichen Dämpfe der Lösungsmittel werden heute meist Tinten verwendet, die mit ultraviolettem Licht getrocknet werden.
Aber ist damit der Inkjetdruck das schnellste Druckverfahren und der vierfarbige elektrofotografische Tonerdruck am Ende? Nein, denn der Flüssigtoner erweitert die Grenzen: Zur Drupa 2012 zeigten Océ mit der Infinistream und Xeikon mit der Trillium-Technologie, wie sie mit der Xerografie und Flüssigtoner in neue Anwendungsbereiche und Produktionsgeschwindigkeiten vorstoßen können. Immerhin hatte schon HP Indigo bewiesen, dass man mit Flüssigtoner eine offsetähnliche Druckqualität erreichen kann. Da in den Indigo-Modellen aber alle vier bis sieben Farben zuerst nacheinander auf den gleichen Gummizylinder und erst danach aufs Substrat übertragen werden, sind sie verhältnismäßig langsam. Infinistream und Trillium hingegen sind Rollendruckmaschinen, die mit vier bzw. acht Druckwerken auf schnell laufende Rollen drucken.