Die Aussichten für den deutschen Druckmarkt

Digitalisierung nimmt durch Umstellung auf nachhaltigere Geschäftsmodelle an Fahrt auf

Nicht nur die steigende Druckqualität, sondern auch der Einsatz von SC-Tinten, der das Primern von Bedruckstoff-oberflächen überflüssig macht, hat dem Digitaldruck in Deutschland einen Schub verpasst.

Eine Umstellung auf nachhaltigere Geschäftsmodelle aufgrund der CO2-Bepreisung sowie der fortschreitenden Innovation und Automatisierung wird dazu beitragen, die Akzeptanz des Digitaldrucks in der deutschen Druckindustrie in diesem und in den nächsten Jahren weiter zu erhöhen. (Allerdings könnte die traditionsreiche analoge Druckindustrie die schnellere Einführung digitaler und automatisierter Druckprozesse behindern…)

Zeitenwende

Die deutsche Druckindustrie blickt auf eine lange und stolze Tradition zurück – mit hervorragenden Qualitätsstandards, hochqualifizierten Arbeitskräften und einer ausgeprägten Präferenz für äußerst zuverlässige, robuste Maschinen. In Deutschland kann Innovation nur von Erfolg gekrönt sein, wenn diese tief verwurzelten Eigenschaften berücksichtigt werden, so Patrick Jud, Director für die DACH-Region bei Screen Europe, der die Entwicklungen auf dem deutschen Druckmarkt in den letzten zehn Jahren genauestens verfolgt hat.

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Patrick Jud, Director für die DACH-Region bei Screen Europe.

So überrascht es kaum, dass die Umstellung auf den Digitaldruck genau dann Fahrt aufnahm, als Digitaldruckerzeugnisse die gleiche oder sogar eine höhere Qualität erreicht hatten als analoge Druckerzeugnisse – ein Meilenstein, der erst vor wenigen Jahren erreicht wurde. „Zu den Hauptargumenten unserer deutschen Kunden für die Investition in die Digitaldrucktechnologie gehört die Tatsache, dass der Inkjetdruck inzwischen ein mit dem Offsetdruck vergleichbares Qualitätsniveau erreicht hat“, erklärt Jud, der für den Verkauf und Kundendienst in Deutschland, Österreich und der Schweiz verantwortlich ist. In den letzten drei bis vier Jahren konnte Screen eine deutliche Umsatzsteigerung in Deutschland verzeichnen – etwas früher als in anderen europäischen Ländern.

Tinten für alle Substrate

Zu den anderen Faktoren, die die Umstellung auf den Digitaldruck in Deutschland vorangetrieben haben, gehört die Einführung von Tinten, die sich auf alle Substrate auftragen lassen. Infolgedessen erübrigt sich die Verwendung von Primer beim Inkjetdruck. Ebenfalls ein wichtiger Faktor: die hochentwickelte Software für den Digitaldruck. Durch sie lassen sich Digitaldruckmaschinen nahtlos in andere Produktionssysteme, wie Falz- und Schneidesysteme, integrieren.

Jud erklärt: „Die Einführung der sogenannten SC-Tinten hat dem Digitaldruck Vorschub geleistet. Sie ermöglichen den Digitaldruck auf jedes Substrat –ohne den Einsatz von speziell vorbehandeltem Inkjetdruckpapier. Der Preis der Inkjet-Tinte ist ein entscheidender Faktor für Druckdienstleister, die über die Investition in den digitalen Inkjetdruck nachdenken.“

Moderne Softwarelösungen sorgen dafür, dass die Bedienung und Steuerung von Digitaldrucksystemen innerhalb eines Produktionsworkflows einfach, intuitiv und auch mobil erfolgen kann.

Mit Unterstützung von Softwarelösungen werden Druckverfahren in Deutschland zunehmend automatisiert – angefangen von der Druckvorstufe bis zur Druckweiterverarbeitung, Verpackung und Logistik der fertigen Druckerzeugnisse. Häufig erwies sich der Druck dabei als Engpass bei der Digitalisierung der Prozesse. Beim analogen Druck sind manuelle Bedienereingriffe von relativ vielen hochqualifizierten Fachkräften notwendig. Im Vergleich dazu ermöglichen digitale Inkjetdruckmaschinen einen höheren Automatisierungsgrad und benötigen weniger qualifiziertes Bedienpersonal. Softwarelösungen, die den gesamten Druckvorgang von Anfang bis zum Ende ausführen und steuern, wie die Equios-Software von Screen, schließen die in der Automatisierungskette immer noch vorhandene Lücke.

Die immer stärkere Verschiebung in Richtung Digitaldruck hat sich in Deutschland schon vor dem Ausbruch der Covid-19-Pandemie abgezeichnet, doch seither deutlich beschleunigt, so Jud. Infolge des Mangels an Rohstoffen, wie Zellulosefasern oder Polymeren, oder des schwierigeren und kostspieligeren Transports, beispielsweise aufgrund des Mangels an LKW-Fahrern, gewinnt dezentrales Drucken zunehmend an Bedeutung. Das bedeutet, dass Druckerzeugnisse in kleineren Mengen lokal produziert und dadurch weniger weit transportiert werden müssen. Nur digitale Inkjetdrucksysteme bieten hierfür eine wirtschaftlich tragfähige und unter Prozess- und Qualitätsaspekten vertretbare Lösung.

„Intelligente“ Drucklösungen

Junge und innovative Druckdienstleister, wie Pharmadrucker, mediaprint solutions und O/D Ottweiler, sind Vorreiter der Digitalisierung und Automatisierung in Deutschland. Sie arbeiten nahezu ausschließlich digital und bieten „intelligente“ Drucklösungen. Ihre Kunden erteilen Druckaufträge online, die dann von Digitaldruckmaschinen vollautomatisch, nahezu ohne Bedienereingriffe, ausgeführt werden.

Größere Druckereien sind hierarchischer organisiert und agieren dadurch weniger agil und risikoaverser als KMUs. Das zieht den Entscheidungsprozess für neue innovative Technologien vielfach in die Länge, so Jud. Auch die hochgelobte deutsche Berufsausbildung, bei der Jugendliche in ihrem jeweiligen Fachgebiet in Unternehmen praktisch ausgebildet werden, kann unter Umständen eine Innovationsbremse sein. „In den meisten Berufsfachschulen und Ausbildungsverhältnissen liegt der Schwerpunkt nach wie vor auf dem Analogdruck“, erklärt Patrick Jud. „Nach ihrer Ausbildung und Einstellung in einer Druckerei „denken“ viele dann immer noch analog. Aufgrund dessen ist die Digitaldrucktechnologie unter Fachkräften ein relativ unbekanntes Gebiet, was nicht unbedingt förderlich ist, um Unternehmen von der Umstellung auf den Digitaldruck zu überzeugen.“

Gutenbergs Heimatland stellt auf Digitaldruck um

Und trotzdem ist der Digitaldruck weiterhin im Aufwind. Dieser Trend wird sich auf dem Weg hin zu einer von der neuen Bundesregierung vorangetriebenen nachhaltigeren und „umweltfreundlicheren“ Wirtschaft sowie durch internationale Vorschriften wohl noch verstärken. Paradebeispiel für Letzteres ist der jüngste Beschluss des Europäischen Parlaments, der neue, bis 2030 zu erreichende Zwischenziele zur Verringerung der Treibhausgasemissionen vorsieht. „In dieser Hinsicht muss Deutschland neben Finnland und Schweden das höchste Ziel erreichen“, so Jud. „Derzeit liegen diese Länder bei -38% und müssen bis 2030 eine Verringerung um 50% schaffen! Dieses ehrgeizige Ziel wird sich natürlich auch auf die Druckindustrie auswirken.“

Die steigende Nachfrage nach verantwortungsbewussteren, ökologisch nachhaltigeren Druckerzeugnissen fördere das Digitaldruck-Wachstum, weil er nachhaltiger ist: Durch den „Wegfall“ bestimmter Prozesse in der „Wertschöpfungskette Druck“ erzeuge der Digitaldruck weniger Abfälle und CO2-Emissionen, betont Jud. Die Bepreisung und der Druck zur Reduktion der CO2-Emissionen werden der Herstellung von Druckerzeugnissen in Deutschland oder im nahegelegenen Ausland Vorschub leisten, so seine Mutmaßung.

Bei der Bekämpfung des Klimawandels kann eine Umstellung auf nachhaltigere Geschäftsmodelle, wie Print on Demand oder Dropshipping, letztendlich eine größere Zahl von Druckdienstleistern in Deutschland zur Einführung digitaler Geschäftsmodelle motivieren. Patrick Jud erklärt: „Das Wachstum deutscher Investitionen in Digitaldrucktechnologien, das derzeit zu beobachten ist, dürfte in den kommenden Jahren anhalten oder so-gar an Fahrt gewinnen. Durch das Nachhaltigkeits-Credo und die Zunahme an spezialisierten Hightech-Unternehmen in diesem Markt werden konventionelle Druckereien und Geschäftsmodelle im Laufe der Zeit durch digitale Vorreiter ab-gelöst. Selbst in dem Land, in dem Gutenberg die Buchdruck-Kunst erfunden hat, ist der Digitaldruck ein logischer Schritt zur Weiterentwicklung – vergleichbar mit der Entwicklung, als der Buch- durch den Offsetdruck abgelöst wurde. Ganz klar lässt sich heute schon sagen, dass der Inkjetdruck die Zukunftstechnologie im Digitaldruck sein wird.“

Kontakt:

Screen Europe
www.screeneurope.com/de