Menschen in der Druckindustrie (5): Von Anfang an Druck gemacht

Michael Hiemann: Wie der Siepro-Chef sein Unternehmen vorantreibt

Michael Hiemann, Geschäftsführer der Siepro KG, einem aufstrebenden Large-Format-Printer in der Druckindustrie.
Michael Hiemann, Geschäftsführer der Siepro KG in Steinheim/Murr. (Bild: Siepro KG)


Michael Hiemann liebt den Geruch im Drucksaal, liebt Printprodukte, die ins Auge fallen. Nur seinetwegen gründete sein Vater einst eine Siebdruckerei, heute führt Hiemann diese erfolgreich als digitale LFP-Foliendruckerei weiter. Über einen, der in der Druckindustrie von Anfang an Druck gemacht hat.

 

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Dem Wandel der Druckindustrie flexibel gefolgt

 

Michael Hiemann ist im Stress. Mitten im Jahresendgeschäft zieht er gerade 20 Large-Format-Printer und -Cutter in sein Lager um – und das Lager wiederum in eine angemietete Halle, um Platz für eine neue Canon Labelstream und einen SEI-Laser zu schaffen. Und Michael Hiemann ist sauer: „Eigentlich sollten die zwei Maschinen ja direkt in unseren neuen Anbau kommen. Aber auf die Freigabe durch das Bauamt warten wir inzwischen seit über einem Jahr!“

Auch wenn der Unternehmer aufgrund der deutschen Bürokratie zurecht mit den Augen rollt: Grundsätzlich „läuft es“ in der 22-Mann-Foliendruckerei Siepro in Steinheim/Murr, rund 20 Kilometer nordöstlich von Stuttgart gelegen. Ursprünglich vom Siebdruck her kommend, ist das Unternehmen heute als Komplett-Digitaldruckerei spezialisiert auf Folien-Bedruckung für Produkte wie Aufkleber, Sticker oder POS-Werbung aus Kunststoff für den Einzelhandel. Der Siebdruck selbst, weiterhin im Angebot, wurde inzwischen an Partnerunternehmen ausgelagert. Gleiches gilt für den ehemaligen UV-Offset.

We love Print – wichtige Personen in der Druckindustrie

Michael Hiemann hat in seinem Unternehmen die einzelnen Prozesse und Workflows bestmöglich automatisiert, die Produktionstechnik vernetzt. Und so wuchs Siepro in den letzten Jahren rasant, hat heute zwölf UVgel-Colorados von Canon, sechs Epson-Drucker, fünf Zünd-Plotter und sechs Summa-Cutter im Einsatz. Hiemanns Vater Claus, Gründer des Unternehmens und im Betrieb für die Finanzen verantwortlich, reibt sich regelmäßig die Augen, wenn er sieht, was aus seiner kleinen Firma für Siebdruck-Produkte geworden ist, die er vor 43 Jahren mit einem gebrauchten Siebdruckkarussell zur T-Shirt-Produktion ins Leben gerufen hatte.

 

Geliebter „Knochenjob“

Mit der Siebdruckerei/Tampondruckerei wollte Claus Hiemann seiner Familie etwas bieten, denn Sohn Michael war gerade „unterwegs“. Somit kennt der heutige Geschäftsführer von klein auf praktisch überhaupt nichts anderes als das Druckereiumfeld. „Ich bin mit Siepro groß geworden, erinnere mich noch genau daran, schon als Zehnjähriger mal ausgeholfen zu haben“, so Michael Hiemann. „Bis zum Abitur habe ich immer wieder Siebe belichtet, Siebe ausgewaschen oder an der Tampondruckmaschine Zimmermanns-Bleistifte bedruckt.“

Nach Schulabschluss und Zivildienst verschlug es Hiemann dann für ein halbjähriges Praktikum in eine kleine Werbeagentur, in der die Kundenberater zugleich Printproduktioner waren. „Aber kreative Werbekampagnen zu realisieren, war nicht so mein Ding. Ich wusste einfach, dass hier Vieles am Produktionsalltag einer Druckerei vorbei geplant wurde, stellenweise auch völlig unrealisierbar war!“

 

„Wenn ich durchs Kaufhaus laufe, schaue ich mir
grundsätzlich alles,
was gedruckt ist, an. Das ist wie
ein
innerer Zwang. Manchmal muss ich sogar hingehen
und einen Kratztest
machen, ob die Farbe auch hält.“

 

Und so kam es, wie es kommen musste: Studium der Druck- und Medientechnologie an der Hochschule der Medien (Stuttgart) und später Nachfolgeregelung für die Siepro-Geschäftsführung. „Und das“, so Michael Hiemann grinsend, „obwohl mein Vater mich extra noch gewarnt hatte: ‚Mach das nicht! Das ist ein Knochenjob!‘ Aber mir macht es einfach unheimlich viel Spaß, mit Printprodukten zu arbeiten, Ergebnisse in der Hand zu halten, Probleme zu lösen.“ Die Umorientierung des Unternehmens hin zum digitalen Großformat aufgrund immer kleiner werdender Auflagen und immer größer werdendem Termindruck beschlossen Vater und Sohn aber noch gemeinsam.

 

Aufmerksamkeit erregen

„Bis heute begeistert mich total, wie Print trotz der ganzen zusätzlichen Onlinemedien Aufmerksamkeit erregt“, so Michael Hiemann. „Überall, auf Fußböden, in Schaufenstern, auf Verpackungen, an Fassaden. Jedes Display ist gedruckt. Und wenn es gut gemacht ist, dann vermittelt es auch einen Wow-Effekt. Es gibt immer wieder neue Ideen für aufwendige, aber auch simple Produkte, die einen mit ihrer Farbgebung und Erscheinung in ihren Bann ziehen.“

Steht also im Großformat eher die Visualisierung, die „Wirkung“ im Vordergrund? Bei Akzidenzprodukten punktet Print ja eher mit der Haptik? Hiemann: „Auf jeden Fall! Es geht ja grundsätzlich immer um Formen, spezielle Effekte (Gold, Weißhinterlegung, fluoreszierende Farben etc.), letztlich also darum, Aufmerksamkeit zu erregen. Die Entwicklung ist hier kurzlebig, immer spannend und erfordert oftmals eine dynamische Reaktion.“ Negativbeispiel ist hier natürlich die Corona-Krise. „In der Pandemie-Zeit haben wir so viele Fußbodenaufkleber wie nie zuvor gedruckt, tonnenweise ‚Bitte Abstand halten!‘ quasi. Oder auch hochtransparente Virenschutzbanner als Spuckschutz zum Aufhängen an Klemmschienen.“

 

Michael Hiemann, Geschäftsführer der Siepro KG, einem aufstrebenden Large-Format-Printer in der Druckindustrie.(Bild: Siepro KG)

 

Und im Folienbereich wird aktuell immer genauer auf ökologische Aspekte geachtet. „Deshalb auch die zwei Neuinvestitionen bei uns im Hause“, berichtet Michael Hiemann. „Ich selbst glaube nicht daran, dass Folie als Bedruckstoff komplett verschwindet, weil es in vielen Spezialbereichen auch überhaupt nicht möglich ist. Aber ich glaube fest an den Recyclinggedanken! Deshalb wollen wir künftig auch verstärkt recyceltes PET bzw. PE-Folie bedrucken können oder Graspapier für Haftetiketten-Aufkleber einsetzen. Grundsätzlich beobachten wir schon jetzt kundenseitig den Wunsch nach reduzierten Einsatz von PVC-Material.“

 

Print ist wahrhaftig

Auch in 50 Jahren wird es Druck noch geben, da ist sich Michael Hiemann völlig sicher. „Wir brauchen Gedrucktes, um uns wohlzufühlen! Unser Gehirn ist evolutionstechnisch gar nicht für diese ‚dauerhafte digitale Hektik‘ gemacht. Das erkennt man doch deutlich an der immer geringer werdenden Aufmerksamkeitsspanne von Jüngeren durch digitale Medien. Aber auch wir Älteren leiden unter der Informationsüberladung und ständigen digitalen Ablenkung. Zugleich wird die digitale Information selbst immer unglaubwürdiger.“

 

„Printprodukte sind Ruhepole
in hektischen digitalen Zeiten.“

 

„Der Mensch braucht Print einfach als Ruhepol“, behauptet der Druckereichef. „Aber was soll ich auch anderes sagen: Die Druckindustrie ist schließlich mein Leben! Wir schaffen Tag für Tag eine emotionale Kommunikation zwischen Verkäufern und Einkäufern, übertragen Informationen zwischen Produzenten und ihrer Klientel. Und die Wahrhaftigkeit einer Information in Print gewinnt immer mehr an Bedeutung, je mehr sich die digitalen Medien weiter zergliedern, durch Algorithmen getrieben für Info-Blasen sorgen oder Meinungen verfälschen. Und, wie jeder weiß: Print bewegt die Welt, auch die digitale! Stichwort ‚Print meets Digital‘. Zum Beispiel mit digital gedruckten RFID-Etiketten, die schon bald den Preisscan im Supermarkt überflüssig machen werden.“

 


Michael Hiemann ist Geschäftsführer der Siepro GmbH & Co. KG in Steinheim/Murr, einer digitalen Großformat-Foliendruckerei für Werbe- und Kennzeichnungsprodukte.

 

 

Das Porträt von Michael Hiemann gehört zu einer Reihe von Interviews und Geschichten über „Menschen in der Druckindustrie“. Unter diesem Titel erzählen zehn Menschen aus der Branche über das, was sie an der Druckbranche fasziniert und was sie bewegt.
Das Porträt von Michael Hiemann sowie neun weitere Menschen, deren Herz für Print schlägt, finden Sie in Ausgabe 16/2021 von Deutscher Drucker. Die gesamte Ausgabe steht im print.de-Shop zur Verfügung.

 

PDF-Download: Deutscher Drucker 16/2021

Schwerpunkt: Menschen in der Druckindustrie +++ Offsetdruck+++ Digitaldruck +++ Großformatdruck +++ Druckweiterverarbeitung +++ Druckvorstufe +++ Print Innovation Week

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