Menschen in der Druckindustrie: Oliver Kray

Vom Sprayer, der auszog, die Postkarte zu retten

Druckindustrie: Oliver Kray, ehemaliger Sprayer, heute Geschäftsführer von MyPostcard.com
Tausendsassa Oliver Kray: Der ehemalige Underground-Sprayer, Designer und Fassadenkünstler ist Gründer und Geschäftsführer des internationalen App-to-Print-Dienstleisters MyPostcard. (Bild: Stephanie Braun)


Die gute alte Postkarte ist für Oliver Kray eine echte Herzensangelegenheit, nicht nur ein Produkt. Mit dem App-to-Print-Service MyPostcard hat Kray ihr in den letzten zehn Jahren wieder „Leben eingehaucht“. Jetzt geht es darum, das Geschäft global weiter zu skalieren.

 

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Immer nah an der Druckindustrie drangeblieben

Wie viel Talent, Ideenreichtum und schöpferische Kraft passen eigentlich in ein Menschenleben? Unterhält man sich mit Oliver Kray, Mastermind hinter dem App-to-Print-Service MyPostcard, wird schnell klar: niemals genug! Gerade einmal 42 Jahre alt ist der rastlose Mann aus Berlin-Moabit – und hat bereits mehrere äußerst erfolgreiche Berufskarrieren hinter sich.

Schon als Jugendlicher in den 90er-Jahren machte er sich in der dynamischen Untergrund-Sprayer-Szene der Hauptstadt einen Namen als Graffiti-Künstler – und auch bei der Polizei, denn das Besprühen von Zügen und Fassaden ist bis heute verboten. Später machte er diese Passion dann zum lukrativen (und legalen) Geschäft, designte Requisiten für eine ZDF-Jugendserie und wurde einer der bekanntesten Fassadenkünstler Deutschlands.

Seine Kunstwerke zieren Ein- und Mehrfamilienhäuser, Firmengebäude und Hotels im ganzen Land. Als Auftragsarbeit gestaltete er außerdem überdimensionale Kinoplakate und sprühte den größten Mercedes-Stern der Welt auf das Dach der Berliner Mercedes-Benz-Arena (sinnigerweise direkt neben der bunt bemalten East Side Gallery an der Spree gelegen).

Unternehmen in der Druckindustrie: MyPostcard.com, Factsheet 2023
Das Unternehmen MyPostcard auf einen Blick. (Bild: MyPostcard)

 

Künstler statt Streetworker

„Dabei wollte ich eigentlich nach dem Fachabitur für Sozialwesen Streetworker in Berlin werden“, erinnert sich Oliver Kray. Doch schnell wurde klar: Der Job war ihm nicht produktiv genug, keinerlei Möglichkeiten etwas wirklich „Eigenes“ zu kreieren.

Also begann er eine Ausbildung zum Modedesigner beim renommierten Lette Verein Berlin. Doch schon damals wurde er vom eigenen Erfolg überholt, brach die Ausbildung ab: Seine auf Graffiti-Motiven basierende Kindermoden-Kollektion Marke „Colors of Berlin“ war unverhofft europaweit ein großer Erfolg geworden, inklusive Lizenzvertrag mit einem Großproduzenten.

Anschließend war Oliver Kray als Produktdesigner für große Marken wie Leonardo Glas, Rasch Tapeten, Audi und Sixt tätig, gründete 2006 eine eigene Social-Media-Agentur, die es auch heute noch gibt.

Druckindustrie: Postkarten-Fertigung und -Finishing beim deutschen Druckdienstleister von MyPostcard, der Magentur (Berlin)
Postkarten-Fertigung und -Finishing beim deutschen Druckdienstleister von MyPostcard, der Magentur (Berlin). (Bild: MyPostcard)

„Doch dauerhaft hätte ich niemals etwas rein Digitales machen wollen, dazu ist mir das Haptische, das Künstlerisch-Kreative, sprich ein echtes Produkt zu haben, einfach zu wichtig!“ Aber im Bereich Mode, ebenso wie schon bei der Fassadenkunst, also genau dort, wo er tatsächlich etwas „entstehen lassen konnte“, stieß der ambitionierte Kray schnell an die Grenzen der Skalierbarkeit seines Geschäfts; beim Gebäudedesign letztlich vor allem deshalb, weil ein zuverlässiger Geschäftsausbau mit einem Team aus „eigensinnigen“ kreativen Köpfen einfach kaum möglich war.

 

Der Gedankenblitz

Und dann war sie plötzlich da, die Idee. Mitten im Urlaub auf Santorin, am Strand. Die Idee einer App, mit der man individuelle Postkarten mobil auf dem Smartphone gestalten und versenden kann. App-to-Print in Reinkultur also. Und zugleich eine Geschäftsidee, bei der einem sehr emotional aufgeladenen analogen Produkt, das inzwischen schon ein etwas „angestaubtes Image“ hatte, durch großes kreatives Individualisierungspotenzial und mobile Verfügbarkeit in das neue digitale Zeitalter verholfen werden konnte. Oliver Kray „erfand“ die moderne Art des Postkartenversands, ein Gegenentwurf zur inzwischen überladenen, rein digitalen Kommunikation per E-Mail oder über Messengersysteme, – und gründete hierfür 2014 MyPostcard in Berlin.

„Mir war die Postkarte als Medium schon immer wichtig, habe ich doch selbst jedes Jahr Karten aus dem Urlaub Richtung Heimat versandt.“ Und mit MyPostcard rückte Kray auch wieder näher an die Druckindustrie heran. „Aufgrund meiner Vergangenheit in Werbung und Design hatte ich schon immer mit Print zu tun. Ich liebe es, in Druckereien zu sein, auch wenn ich den Eindruck habe, dass es dort inzwischen etwas leiser zugeht und auch nicht mehr so riecht wie früher.“

Druckindustrie: Postkarten-Fertigung und -Finishing beim deutschen Druckdienstleister von MyPostcard, der Magentur (Berlin)
Postkarten-Fertigung und -Finishing beim deutschen Druckdienstleister von MyPostcard, der Magentur (Berlin). (Bild: MyPostcard)

Neben der zentralen Entwicklung der bedienerfreundlichen App war Oliver Kray anfangs auch noch selbst häufig in der MyPostcard-Partnerdruckerei in Berlin (Magentur) bei den Optimierungs-Drucktests aktiv, bis im automatisierten Workflow mit RGB-CMYK-Konversion und den Printready-PDFs auch wirklich alles passte: Die Fotos von den Handykameras der Kunden waren damals noch zu schlecht für eine direkte Weiterverarbeitung, so musste mit mehr Kontrast und Schwarz-Tiefe gefahren werden.

Auch die Suche nach geeigneten Papieren und Folien etc. nahm Zeit in Anspruch. Zudem war es notwendig, die Prozesse zur automatischen Ausrichtung der Postkarten und das Aufspenden der Briefmarken zu konfigurieren und nachfolgend optimierte Versandabläufe zu etablieren.

 

Topthema Markenbildung

„Heute verbringe ich doch wieder rund 80% meiner Zeit eher ,vorne‘, in der digitalen Welt, wo man gerade im B2C-Bereich richtig gut sein und viel Geld investieren muss, um ,hinten‘ für den standardisierten Druck ordentlich Futter zu haben und dafür zu sorgen, dass am Ende des Tages Postkarten von geliebten Menschen mit Magnetfolienhülle an die Kühlschranktür geheftet werden“, berichtet der Designer und Geschäftsmann. Teilweise gibt das Unternehmen Zehntausende Euro im Monat für Performance-Marketing (SEO/SEA, Social Media), Markenbildung und UX-Optimierung aus – mit Erfolg: MyPostcard hat inzwischen knapp zwei Millionen registrierte Nutzer weltweit und generiert organisch im Durchschnitt über 1.000 App-Downloads pro Tag.

„Jüngst“, so Oliver Kray, „haben wir das ganze Performance-Marketing einfach mal für vier Monate ,ausgeschaltet‘. Es gab zwar kleine Einbrüche beim Umsatz, aber die Profitabilität wuchs. Das funktioniert aber nur, weil wir am organischen Wachstum sowie unserem Branding arbeiten!“ Will heißen: Auf dem deutschen Markt ist MyPostcard längst eine vertrauenswürdige Marke. Das beweist auch die Conversion Rate, die, trotz einer durchschnittlichen Rate von 50 bis 65%, bei MyPostcard beeindruckende 78,8% beträgt.

We love Print – wichtige Personen in der Druckindustrie

„Über Markenbildung wird viel zu wenig geredet“, ist sich Oliver Kray sicher. „Es geht stets nur um Maßnahmen für die Key Performance, aber der Markenaufbau, Kommunikation und PR kommen dabei meist zu kurz. Da draußen gibt es viele Unternehmen, die extrem gute, innovative Sachen machen – aber viel zu wenig über Erfolge und Ziele sprechen. Doch wenn man so agiert, dann nimmt man seine Industrie und Expansionspläne auch irgendwie nicht richtig ernst – und das merken die Kunden (falls du dann überhaupt welche kriegst). Auch über neue Innovationen wie unsere Audio-, Duftpostkarten oder Karten-Add-ons und die Gestaltungs-Plattform für individuelle Briefmarken, DeineBriefmarke.de, sprechen und informieren wir deshalb konsequent.“

 


Oliver Kray ist ist Geschäftsführer und Gründer von MyPostcard.com, Deutschlands erfolgreichstem App-to-Print-Dienstleistungsunternehmen für Post- und Grußkarten. Zugleich leitet Kray die Geschäfte der Online-Brieffreundschafts-Plattform PenPal sowie der Online-Briefmarken-Individualisierungs-Plattform DeineBriefmarke.de.

 

Das Porträt von Oliver Kray gehört zu einer losen print.de-Artikelreihe an Interviews und Geschichten über „Menschen in der Druckindustrie“. Unter dem Motto „We love Print!“ berichten diese Branchenkenner über das, was sie allgemein an der Druckindustrie so fasziniert und welche Entwicklungen sie ganz aktuell besonders bewegen.

Das komplette Porträt von Oliver Kray lesen Sie in Ausgabe 10/2023 von Deutscher Drucker (hier lesen Sie auch, warum Oliver Kray mehrmals im Jahr mit dem FBI zu tun hat und global eng mit Staatsanwaltschaften strafverfolgungstechnisch zusammenarbeitet). Diese Ausgabe steht im print.de-Shop zur Verfügung oder kann direkt hier bestellt werden:

 

PDF-Download: Deutscher Drucker 10/2023

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