Kommentar von Michael Paß über den Fachkräftemangel
Umdenken an beruflichen Schulen
von Redaktion,
Mit der Lektüre von diversen Fachartikeln zum Thema beruflicher Ausbildung und dem vorliegenden Problem von Ausbildungsbetrieben, offene Stellen zu besetzen bzw. überhaupt das Interesse von potenziellen Bewerbern zu erwecken, stellt sich mir in diesem Zusammenhang die Frage, welche Rolle die Beruflichen Schulen in der heutigen Zeit einnehmen können.
Anzeige
Auch wir dürfen uns der vorherrschenden Situation nicht entziehen und so tun, als wenn alles wie gewohnt seinen Gang geht. Grundsätzlich nehmen die Anmeldezahlen von Auszubildenden im Dualen System seit einigen Jahren ab. Dies ist nicht speziell das alleinige Problem der Druck- und Medienbranche, sondern erstreckt sich auf diverse Berufsfelder in unserem Land. Es ist müßig immer erneut zu erfragen, woran das liegt oder wer dafür verantwortlich ist. Fakt ist: Wir müssen jetzt handeln!
Was können wir also als Berufliche Schule tun, um die jungen Menschen in der Sekundarstufe 1 für unsere facettenreichen, interessanten und zukunftsträchtigen Medienberufe zu begeistern?
Kooperation mit Schulen suchen
Im ersten Schritt sollten wir uns als Aufklärer und Informationsgeber verstehen. Unsere Aufgabe ist es, junge Menschen, die sich mit dem Thema Ausbildung beschäftigen, zu erreichen. Dafür können wir beispielsweise Kooperationen mit Schulen aufbauen und versuchen in Abschlussklassen von Mittelschulen, Realschulen oder anderen Schularten die Ausbildungsberufe der Branche vorzustellen. Grundsätzlich empfiehlt es sich hier, aktuelle Auszubildende mitzunehmen, die ihr Berufsbild und ihren Alltag lebensnah und zielgruppengerecht präsentieren. Im Idealfall kann die Berufsschule als Schnittstelle zwischen Schulen und Betrieben bei der Vermittlung von Praktikumsstellen oder Ausbildungsplätzen unterstützen.
Eine zweite Möglichkeit von Beruflichen Schulen ist es, sich nach außen hin zu präsentieren und die Türen zu öffnen. Mir geht es dabei um die Möglichkeit, sich bei der Arbeit mal „über die Schulter“ sehen zu lassen und die Berufe erlebbar zu machen.
Ein Tag der offenen Medienhalle ist zum Beispiel eine lohnenswerte Möglichkeit, die Berufe praktisch vorzustellen. Hier kann der Workflow dargestellt werden und an verschiedenen Stationen können unschlüssige junge Menschen, sich ein Bild machen, welche Aufgabenbereiche zum jeweiligen Ausbildungsberuf gehören. Der klare Vorteil ist hierbei, dass mit einzelnen praktischen Stationen bereits erste Erfahrungen gesammelt werden können.
Wir dürfen letztendlich nicht darauf warten, dass die jungen Menschen einfach zu uns kommen oder davon ausgehen, dass jeder einzelne Ausbildungsberuf den Interessenten bekannt ist. Nur wer Berührung mit gewissen Berufsfeldern hat, wird sich später einen entsprechenden Ausbildungsplatz suchen. Bildung muss hier nicht nur als Holschuld, sondern als auch als Bringschuld von unserer Seite verstanden werden und es müssen bei der zunehmenden Konkurrenz um die immer geringere Zahl von Auszubildenden neue Wege gedacht und beschritten werden.
Michael Paß ist seit 2015 Berufsbereichsbetreuer für die Bereiche Druck, Foto und Medien an der Beruflichen Schule 6 und verantwortlich für die Weiterbildung an der Fachschule für Druck- und Medientechnik in Nürnberg. Der gelernte Bankkaufmann ist seit 2004 im Schuldienst und seit 2006 bei der Stadt Nürnberg. Seine Kolumne ist auch in Deutscher Drucker 6/2023 zu lesen.