So wirkt sich Machine Learning auf das Publishing aus
von Michael Schüle,
Die Künstliche Intelligenz streckt ihre Fühler aus – längst auch in Richtung Publishing-Prozess und Druckvorstufe! Dank Machine Learning hat in Zukunft jede »Zutat« eines Publishing-Produkts (Text, Bild, Typografie, Layout …) das Potenzial, radikal anders produziert zu werden. Schon jetzt zeigen einige Beispiele, dass sich der Prozess, wie wir künftig unsere Medien kreieren, massiv verändern wird.
Anzeige
Druckvorstufe (erneut) im radikalen Wandel
Der Mensch gibt der Maschine nicht länger vor, wie ein Problem konkret zu lösen ist, sondern gibt dem System Start- und Zielpunkt für ein Problem vor – und die Maschine muss nach hochkomplexen mathematischen und statistischen Modellen den Weg dorthin selbst herausfinden. Auf Basis der gegebenen Daten werden in mehreren Stufen Muster abgeleitet und Vorhersagen getroffen.
Ein aktueller Blick von print.de-Autor Georg Obermayr in die Labore von Industrie und Forschung zeigt schon, wie groß der Umbruch in Druckvorstufe und Medienproduktion sein könnte:
Die Erstellung eines Layouts heute: Immer wieder variieren, umschieben, größer machen, kleiner machen, Rahmen aufziehen, einfärben … Sicher – genau das ist es ja, was unsere Arbeit ausmacht. Das heißt aber nicht, dass es nicht auch besser ginge. Die Universität von Toronto hat dazu in Zusammenarbeit mit Adobe ein Forschungsprojekt aufgesetzt: In »DesignScape« arbeitet der Designer normal an seinem Layout – er baut die Elemente und Inhalte auf, schiebt sie umher. Während das passiert, errechnet das System jetzt laufend Vorschläge: alternative Anordnungen oder veränderte Größenverhältnisse, bis hin zu komplett anderen Aufbauten und neuen Layout-Ideen. Der Designer kann diese Vorschläge nicht nur anschauen, sondern natürlich auch akzeptieren und auf dieser neuen Basis weiterarbeiten. Es ist ein praktisches Beispiel dafür, wie die Schleife zwischen Mensch und Maschine verkürzt wird: Die Maschine hilft dabei, schneller und effizienter zum Ziel zu kommen, das Trial & Error zu reduzieren. Der Clou am Machine Learning ist, dass das System uns mit der Zeit immer besser versteht. Je mehr Layouts wir mit dem Tool bauen, desto zielgerichteter und besser auf uns abgestimmt werden die Vorschläge werden, die wir bekommen.
Ein Foto-Stil-Transfer: Man nehme ein Eingangsbild und suche den gewünschten Bildstil in einem anderen Bild – den Rest macht der Algorithmus. Das Machine-Learning-System analysiert die entscheidenden Stilelemente, überträgt diese und achtet dabei auch noch darauf, dass jeder Bildteil möglichst realistisch umgesetzt wird.
Die Erstellung von Freistellmasken: Der Nutzer markiert einfach die Übergangszonen zwischen dem freizustellenden Vordergrundobjekt und dem Hintergrund (die sogenannte »Trimap«). Das System ist via Machine Learning auf typische Pixelstrukturen an Rändern und Übergängen trainiert und fertigt auf dieser Basis dann die Alpha-Maske an.
Die Verschlagwortung von Bildern: Marktreife Systeme, etwa von Google oder Amazon, lesen Bilder ein und liefern ein passendes Set an Metadaten zurück. Diese Metadaten können sowohl gezeigte Objekte, Orte, Sehenswürdigkeiten, Stimmungen in Gesichtern oder auch abgebildete Prominente enthalten. Einige DAM-Systeme nutzen diese Schnittstellen bereits.
Das Verfassen von Artikeln: Kann Machine Learning nicht nur Bestehendes analysieren und verändern, sondern auch Neues erschaffen? Kann es! So existieren bereits Plattformen, die aus Daten selbst Texte schreiben. Eingesetzt etwa bei der Presseagentur AP, werden so aus den Quartalsdaten von Unternehmen automatisch Texte produziert und veröffentlicht.
Sie wollen mehr über aktuelle Entwicklungen in der Druckvorstufe und die Innovationsaktivitäten der deutschen Druckindustrie lesen? Dann holen Sie sich die aktuelle Ausgabe Deutscher Drucker Nr. 23/2018. Sie finden diese ab sofort im print.de Online-Shop. [7036]
Kommentar zu diesem Artikel
Pingbacks