REWE verzichtet ab Sommer 2023 auf gedruckte Prospekte
von Gerd Bergmann,
REWE hat sich als erster Lebensmittelhändler in Deutschland für den Abschied von gedruckten Werbeprospekten entschieden. Um die Angebote in den bundesweit mehr als 3.700 Märkten zu bewerben, lässt REWE bisher wöchentlich rund 25 Millionen Handzettel produzieren. Wie REWE jetzt mitteilt, wird zum 1. Juli 2023 der Druck und die Verteilung der Prospekte eingestellt. Begleitet wird der Schritt durch eine großangelegte Kampagne, welche die scheinbaren Umwelteffekte herausstreicht. Ausgeblendet wird hierbei, dass die Papierindustrie ein Garant für eine nachhaltige Forstwirtschaft ist, Printprodukte in einen funktionierenden Recyclingkreislauf eingebettet sind und digitale Kommunikationskanäle aufgrund ihres hohen Ressourcenverbrauchs umweltbelastend sind.
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Wie auch die Baumarktkette Obi, die auf nationaler Ebene bereits aus der gedruckten Prospektwerbung ausgestiegen ist („Ein verantwortungsvoller und nachhaltiger Schritt im Sinne der Umwelt“), argumentiert REWE mit dem – so wörtlich – „immensen Effekt für Umwelt, Klima und Ressourcenschonung“. Die Umstellung spare „mehr als 73.000 Tonnen Papier, 70.000 Tonnen CO2, 1,1 Millionen Tonnen Wasser und 380 Millionen kWh Energie pro Jahr ein“. Letzteres habe „gerade vor der aktuellen Diskussion um die zukünftige Energieversorgungssicherheit in Deutschland an Bedeutung gewonnen“. Daher wurde, so REWE, die Umsetzung der bereits getroffenen Entscheidung zum Ausstieg aus der Prospekt-Werbung „nun beschleunigt“.
In einem ersten Schritt will REWE bereits ab Anfang August 2022 die Auflage der Papier-Handzettel um vier Mio. Exemplare reduzieren.
Kein Wort über die Umweltbelastung durch Serverfarmen, Handy-Akkus, Stromverbrauch und Elektronikmüll
Künftig sollen Sonderangebote neben „Anzeigen in klassischen Medien“ vor allem über die eigene REWE App auf den Smartphones der Kunden präsentiert werden. In der Pressemitteilung des Lebensmittelhändlers ist allerdings kein Wort über die Umweltbelastung durch Serverfarmen, Handy-Akkus, Stromverbrauch und Elektronikmüll zu lesen, die mit einer Nutzung der digitalen Kanäle einher geht.
Stattdessen sieht sich REWE „erneut“ als „Branchenvorreiter wie 2016 bei der Verbannung der Plastiktragetaschen aus den Märkten“. REWE lobt sich selbst: Man habe „in der Vergangenheit […] immer wieder Mut bewiesen, Altes hinterfragt und nachhaltigere Alternativen konsequent eingeführt“. Die Entscheidung gegen gedruckte Handzettel reduziere nicht nur „unseren CO2-Fußabdruck massiv“, er wird von REWE sogar als „solidarischer Beitrag“ gesehen, um „die herausfordernde Versorgungssicherheit bei Energieträgern in unserem Land für die Zukunft zu unterstützen“, so Lionel Souque, Vorstandsvorsitzender der REWE Group.
Im Folgenden zitiert REWE auch noch den Bundesgeschäftsführer des Umweltverbands NABU, Leif Miller, der besonders schweres Geschütz auffährt: „Die industrielle Forstwirtschaft und der massive Holzeinschlag zerstören natürliche Ökosysteme und CO2-Senken, zudem werden umweltschädliche Chemikalien sowie große Mengen an Wasser und Gas benötigt. Es ist daher völlig klar, dass wir etwas verändern müssen, wenn wir unsere Lebensgrundlagen schützen wollen.“ Der NABU sei „froh, dass REWE […] mit dem Ausstieg aus dem Handzettel vorangeht”. Leif Miller: “Dies ist eine wichtige Entscheidung zum Wohle der Natur, der hoffentlich viele Wettbewerber im Lebensmitteleinzelhandel folgen werden“.
Die Äußerungen des NABU sind wenig verwunderlich: Die erzielten Kosteneinsparungen durch Einstellung des Papier-Handzettels will REWE nach eigenen Angaben auch “in ausgewählte Nachhaltigkeitsprojekte wie beispielsweise den NABU Klimafonds re-investieren”.
bvdm spricht von “Scheinheiligkeit” und “Greenwashing”
Der Bundesverband Druck und Medien (bvdm) lässt solche Behauptungen zu den Klima-Folgen von Print, wie sie jetzt auch von REWE und NABU ins Feld geführt werden, nicht unwidersprochen. Nach der Entscheidung von Obi hatte der bvdm der Baumarktkette “Scheinheiligkeit” und “Greenwashing” vorgeworfen: “Tatsächlich geht es dem Konzern ums Geld und nicht ums Klima”, heißt es in einer Mitteilung von Anfang Juli 2022.
Auf seiner LinkedIn-Seite listet der bvdm nun als Replik auf REWE eine Reihe von Argumenten für die Umweltfreundlichkeit von Print-Kommunikation auf. Im ersten Punkt heißt es dort: “Die Umwelt hat von der Umstellung gar nichts. Die Studie der VDMA belegt, dass die digitale Kommunikation nicht per se umweltfreundlicher ist als Print.”
Mehr Argumentationshilfen zum Thema Print und Umwelt stellt der bvdm auf seiner Website zur Verfügung.
Über REWE
Mit einem Umsatz von 26,7 Mrd. Euro (2021), bundesweit 161.000 Mitarbeitern und 3.700 Märkten gehört die REWE Markt GmbH zu den größten Unternehmen im deutschen Lebensmitteleinzelhandel. Die REWE-Märkte werden als Filialen oder durch selbstständige REWE-Kaufleute betrieben.