Nächster Schritt zu einer fossilfreien Textilindustrie?

Textilien auf Holzbasis: UPM und Vaude kooperieren

UPM: Garne für die Textilproduktion – künftig verstärkt mit Holzanteil statt Polyester?
Bringt die aktuelle Kooperation von UPM und Vaude die erdölfreie Faserproduktion für Garne im Textilbereich weiter voran? (Bild: freepik/vecstock)


Der Papier- und Zellstoff-Konzern UPM arbeitet künftig eng mit dem Bekleidungshersteller Vaude zusammen, mit dem Ziel, Outdoor-Textilien aus nachhaltig gewonnener Waldbiomasse herzustellen. Der Bau einer nach UPM-Angaben weltweit ersten industriellen Bioraffinerie hierfür läuft derzeit in Leuna bei Leipzig. Als erstes soll dort der Grundstoff für eine Fleecejacke aus holzbasiertem Polyester entstehen.

 

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UPM: Kunststoff aus Holz herstellen

Die Textil- und Schuhindustrie steht aktuell vor der großen Herausforderung, nachhaltigere Lösungen für die erdölbasierte Polyester- und Polyurethanproduktion zu finden, denn rund 60 Prozent aller in der Modeindustrie verwendeten Materialien werden derzeit aus fossilen Polymeren hergestellt. Mit der Kooperation wollen UPM Biochemicals und Vaude nun die Lücke zwischen recycelten Fasern und nachhaltigen neu zugeführten Fasern schließen und Performance-Mode jenseits von Fossilien entwickeln.

Das zur Herstellung von Polyester verwendete Harz enthält 30 Prozent Monoethylenglykol (MEG), das traditionell aus Erdöl gewonnen wird. Im Verfahren von UPM und Vaude soll dieser Bestandteil nun vollständig durch ein neues Bio-Monoethylenglykol (BioMEG), genannt BioPura von UPM, ersetzt werden. BioPura sei eine „Drop-in“-Lösung, so UPM: Es könne problemlos in die bestehende Polyesterherstellung integriert werden, da es molekular identisch zu seinem fossilbasierten Gegenstück ist.

Partnerschaften entlang der gesamten Wertschöpfungskette sind eine Voraussetzung für die Förderung nachhaltiger Innovationen in verschiedenen Branchen. Im Rahmen des Verfahrens soll Indorama Ventures, eines der weltweit führenden Chemieunternehmen, an seinem deutschen Standort in Guben ein Polyestergarn polymerisieren und spinnen, das UPMs BioPura (Startmaterial: Buchenholz) enthält. In einem zweiten Schritt wird Pontetorto, ein führender Textilhersteller mit Sitz in Prato (Italien), dieses Garn dann zu einem neuartigen, biobasierten Polyestergewebe verarbeiten, das Vaude für die Herstellung des Kleidungsstücks verwenden wird.

 

Hintergrundinformation

Polyester ist die weltweit am häufigsten verwendete Textilfaser, doch nur 14,8 Prozent des Materials werden derzeit aus recycelten Rohstoffen wie PET-Flaschen gewonnen. Und sogar weniger als ein Prozent des zur Herstellung von Kleidung verwendeten Materials wird zu neuer Kleidung recycelt. Die Wahl eines nachhaltigen Rohstoffs könnte deshalb eine große Chance sein.

Vaude erhofft sich, durch Integration der biobasierten Materialien von UPM die Möglichkeiten der Kreislaufwirtschaft weiter erforschen und nutzen zu können, sprich: Weniger zu verbrauchen, Grundstoffe aus möglichst erneuerbaren Quellen zu beziehen und sicherzustellen, dass das Produkt nach seiner Nutzungsdauer in der Wertschöpfungskette verbleiben kann.
Allerdings ist Vaude auch nicht das einzige Unternehmen der Branche, das diesen Weg einschlägt. Holzbasierte Fasern machen derzeit bis zu sieben Prozent des weltweiten Fasermarktes aus, Tendenz stark steigend.

Umweltexperten von Greenpeace und dem FPC (Forest Protection Council) haben jedoch Grundzweifel an dem Nachhaltigkeitsansatz von Vaude/UPM: Zum einen sei es zwar grundsätzlich gut, wenn erste Hersteller auf nachhaltigere Rohstoffe und Produkte setzen würden, jedoch seien die Kosten für diese Art der Kleidung für den Käufer deutlich zu hoch. Zudem übersteige die Nachfrage nach Holz als nachwachsendem Rohstoff (der für wirkliche Nachhaltigkeit zertifiziert sein muss und nicht aus Hochrisikogebieten stammen darf) nicht nur in Deutschland, sondern weltweit klar die Nachfrage, sodass dadurch neue Konkurrenzkämpfe entstünden. Stichworte sind hier unter anderem die umstrittenen E-Fuels oder Lignin in der Batterienproduktion für E-Fahrzeuge.

UPM BioPura wird in Leuna produziert, wo UPM 750 Millionen Euro in den Bau der weltweit ersten Bioraffinerie im Industriemaßstab investiert hat. Dort soll nachhaltig gewonnene, zertifizierte Biomasse in Biochemikalien der nächsten Generation umgewandelt werden, die in einer Vielzahl von Branchen den Wechsel von fossilen zu erneuerbaren Materialien ermöglichen könnten. Die Bioraffinerie soll insgesamt 220.000 Tonnen pro Jahr produzieren und Ende 2023 in Betrieb gehen. Wie zuletzt jedoch zu hören war, soll sich der Produktionsstart in Launa nun wohl doch auf Ende 2024 verschieben …

 

 

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