Serie: Alternative Rohstoffe (4)

Graspapier schont Ressourcen

Getrocknetes Gras lässt sich sehr gut für die Papierproduktion einsetzen. Für das Herauslösen der Faser ist lediglich eine mechanische Zerkleinerung notwendig. Das Extrahieren von Zellulose aus dem Rohstoff Holz hingegen erfordert ein chemisches Aufschlussverfahren und jede Menge Wasser und Energie.

Hart, steinig und voller Gras, so könnte man ihn beschreiben, den Weg, den Uwe D’Agnone mit seinem Unternehmen Creapaper gehen musste, um Grasfasern als Grundstoff für die industrielle Papierproduktion einzuführen. Doch nun scheint Creapaper auf der Erfolgswelle zu schwimmen, die Nachfrage nach Graspapier steigt und die erste großindustrielle Pelletieranlage Europas geht bald in Betrieb. Deutscher Drucker wollte von Geschäftsführer D’Agnone mehr darüber erfahren. Lesen Sie hier einen Auszug aus dem Artikel in DD 14-15/2019.

Ich habe mich oft gefragt“, so der Creapaper-Geschäftsführer, „warum braucht man eigentlich so viel Energie, Wasser und Chemie, um aus Holz Papier herzustellen? Die Antwort ist ganz einfach: Weil im Holz sehr viel Lignin enthalten ist. Lignine sind wesentlich für die Festigkeit von pflanzlichen Geweben verantwortlich und nur mit Lignin haben Pflanzen die Möglichkeit, baumhoch zu wachsen“, erklärt D’Agnone. So weit, so gut. Also musste ein Faserstoff her, der mit ganz wenig Lignin auskommt und nahezu kein Höhenwachstum anstrebt.

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So entstand damals bei Uwe D’Agnone die Idee mit der Grasfaser. „Meine allererste Arbeit auf dem Gebiet des Graspapiers war ein handgeschöpfter Bogen“. Doch die erste Hürde ließ nicht lange auf sich warten: Keiner der großen Papierhersteller wollte D’Agnone anfänglich mit seinem neuen Rohstoff Zutritt zur industriellen Papierproduktion gewähren. Jeder hatte Sorge um seine „teuren“ Anlagen und Bedenken bezüglich des hohen Reinigungsaufwands. „Und so waren es die Cousins Renker von der Papierfabrik Zerkall, Renker & Söhne, die uns Zutritt zu einer kleinen Papiermaschine verschafften. Das waren die Anfänge der maschinellen Produktion von Graspapier“, erinnert sich der Gras-Enthusiast D’Agnone, der den erfahrenen Papierherstellern aus der Eifel sehr dankbar für diese Chance ist.

Zeitgeist Umweltschutz

„Auf der Basis von Gras entwickeln und forschen wir seitdem an einem Ersatzrohstoff für die Papierherstellung“, so D’Agnone. Heraus kam dabei der von ihm patentierte Grundstoff „Graspap“ – getrockenetes Gras in Pelletform für die Papierherstellung. Dabei weist die Herstellung des Frischfasermaterials aus Gras eine sehr geringe Umweltbelastung auf. „Erreicht haben wir dies durch eine massive Reduktion des industriellen Wasserbedarfs. Nur zum Vergleich: Bei der Produktion von einer Tonne Papier aus Frischfaserzellstoff werden immerhin 6.000 Liter Wasser benötigt. Durch die Produktion von Papier mit Grasfasern kann dies eingespart werden, denn bei der Herstellung von einer Tonne Pellets aus Grasfasern benötigen wir lediglich zwei Liter Wasser“, so D’Agnone.
Zusätzlich verzeichne man bei der Herstellung der Pellets eine massive Energieersparnis: Bei der Verwendung einer Tonne Grasfaserstoff nutze man circa 136 kWh Energie, circa 5000 kWh hingegen für eine Tonne Holzzellstoff. Hinzu komme die aus der Energieeinsparung resultierende Reduktion der CO2-Emissionen um bis zu 75 Prozent bei der Rohstoffherstellung sowie der Wegfall aller bei der Holzzellstoffproduktion benötigten Prozesschemikalien, erklärt der Verfechter der Graspellets. Kämen die Pellets wiederum im Pulper der Papiermaschine zum Einsatz, „könnten beispielsweise rund 50 Prozent Graspellets einen ebenso großen Teil Zellstoff aus Holz im Papier ersetzen“, weiß D’Agnone.

Mit diesen Ergebnissen überzeugte Creapaper nicht nur die Jury des KfW-Awards Gründen 2017, von der das Unternehmen als Bundessieger ausgezeichnet wurde. Weitere Preise waren der Start Green Award 2016, der Innovationspreis Klima und Umwelt IKU 2017 und die Auszeichnung Red Herring Award 2018. Heute vereint das Unternehmen die Geschäftsfelder „Creaseed“ und „Grasfibre“, die mit ihren Ideen einen festen Platz in der Welt der Papierherstellung gefunden haben. Denn Papierhersteller sowie große Firmen, z.B. aus der Lebensmittel- und Kosmetikindustrie oder dem Versandhandel, sind aufgrund der zunehmenden Nachfrage der Kunden nach ökologischen Verpackungen auf diesen „Zug“ aufgesprungen.

Woher das Gras kommt

Wo soll das für die Papierproduktion benötigte Gras herkommen? Uwe D’Agnon, Creapaper-Geschäftsführer erklärt: „Wir verarbeiten Grastrockenmasse für das Papier, also sonnengetrockentes Heu, damit wir ganzjährig arbeiten können und lagerstabil sind.“ Das Gras wird mechanisch auf eine gleichmäßige Faserlänge zerkleinert und anschließend in Pellets gepresst. Ein wichtiger Faktor sei die Nutzung regionaler Ressourcen an Grasflächen, um logistische Vorteile in der Rohstoffproduktion zu nutzen.

Bei einem sogenannten Grünflächenscreening, das deutschlandweit von Creapaper angestoßen wurde, habe sich gezeigt: „In Deutschland sind so viele Ausgleichsflächen vorhanden, die beim Bau von Straßen und Häusern als Grünausgleich angelegt werden, dass wir 20 Prozent des Frischfasereinsatzes der kompletten deutschen Papierproduktion durch Gras ersetzen könnten“, erzählt der Graspellet-Spezialist. „Die Ausgleichsflächen, die subventioniert in ländlichen Gebieten exisitieren, dürfen jedoch aus Naturschutzgründen nur zwei- bis dreimal pro Jahr gemäht werden und müssen eine gewisse biologische Vielfalt aufweisen. Zur Tierfütterung kann dieses Gras aufgrund der relativ langen Wachstumsphase nicht genutzt werden, da es bereits zu hoch und zu verholzt ist. Genau dieses Material setzen wir ein“, so D’Agnone.

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