Vom Maschinenhändler zum Drucker: Mit Design your Drink hat Lukas Pflügl, ordentlich Synergien nutzend, eine digitale Online-Druckerei für individuelle Getränkedosen hochgezogen. Die Marktperspektive ist hervorragend – und der Ideenreichtum des Jungunternehmers längst noch nicht am Ende.
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„Dann machen wir es eben selbst und werden zur Online-Druckerei!“
In St. Pölten, der Landeshauptstadt von Niederösterreich, macht derzeit ein kleines (aber feines) Unternehmen von sich reden. Die Design your Drink GmbH von Lukas Pflügl positioniert sich seit 2021 als Online-Digitaldrucker für hochwertige individualisierte Getränkedosen in einem attraktiven Nischenmarkt. Ausgegründet wurde das sechs Mitarbeiter starke Unternehmen erst vor wenigen Wochen aus der 3-P-Services GmbH, in der es bisher als eigene Abteilung geführt wurde.
Die 3-P-Services ist ein Komplett-Zulieferer in Österreich für Druckmaschinen und Zubehör im Bereich flexible Verpackung und wird seit 2009 von Lukas‘ Vater Markus Pflügl geleitet, zugleich Geschäftsführer beim Joint-Venture-Partner Chespa Austria.
Die Chespa-Gruppe wiederum entwickelt und liefert im Kern Werkzeuge und Druckfarben für den flexiblen Verpackungsdruck, vornehmlich für Zentral- und Südosteuropa.
„Die 3-P-Services ist ja ein klassisches Handelsunternehmen, wir hatten also eigentlich überhaupt nicht vor, selbst zu drucken“, berichtet Lukas Pflügl, damals noch für den Vertrieb „digitaler Inkjet“ bei 3-P verantwortlich. Doch manchmal kommt es eben anders als man denkt. Nachdem Pflügl beim Aufbau seines Partnernetzwerks erstmals in Kontakt mit einem tschechischen Maschinenhersteller gekommen war, sollte dessen digitale Blechdruckmaschine eigentlich zunächst als Demosystem im Showroom von 3-P-Services Einzug halten. Doch schnell wurde klar: Das Investment und der Aufwand war für potenzielle Kunden in der Druckindustrie zu groß.
Und das lag im Kern nicht an der Maschine selbst, sondern vor allem an der „Peripherie“: Aufbau eines Webshops (samt Designtool mit 3D-Animation), eines digitalen Workflow und entsprechender Liefer-/Versandketten (Wein/Saft/Bier/Dosen/Zubehör), Aufbau von Know-how und Erfahrung im technischen Bereich und, darauf aufbauend, dem Ausbau der Maschine (Stichwort: Plasmavorbehandlungs- und Primer-Station in enger Zusammenarbeit mit dem Hersteller) und der Entwicklung von Low-Migration-Druckfarben und -lacken zur Sicherung der eigenen hohen Qualitätsansprüche. Sowie, last but not least: das Thema Getränkeabfüllung.
„Da dieser Nischenmarkt aus unserer Sicht aber sehr vielversprechend war, haben wir einfach kurzerhand beschlossen: Dann machen wir es eben selbst und werden zum Drucker!“ – „Anfangs planten wir nur für den B2C-Bereich, mit der Bedruckung der Blanko-Dosen und dem Abfüllen der Getränke beim Dienstleister“, berichtet Lukas Pflügl weiter. „Aber potenzielle Abfüllpartner forderten hohe Mindestabfüllmengen bis zu 50.000 Dosen. Doch so viel würden wir bis zum Ablauf des Mindeshaltbarkeitsdatums vermutlich gar nicht verkaufen können.“ Also stieg man, um flexibel zu bleiben und mit regionalen, nachhaltigen Produkten auch beim Inhalt der Dosen den Daumen auf der Qualität haben zu können, auch noch ins Abfüllgeschäft ein – mit einer kleineren Anlage Marke EuroStar. „Wir wollten als Produkt am Markt keinesfalls mit ,außen hui, innen pfui‘ wahrgenommen werden!“
Die ganze Projektierungs- und Umsetzungsphase dauerte rund ein bis eineinhalb Jahre. Doch schon im Anlaufjahr 2022 machte Design your Drink (DYD) mit der Marke Design ‘n Drink dann eine halbe Million Euro Umsatz – und das im Prinzip völlig ohne Vermarktung und Werbemaßnahmen. Denn in Zentraleuropa hatte es sich schnell herumgesprochen, dass in Niederösterreich eine solche Produktionsanlage samt Abfüllung steht. Lukas Pflügl: „Derzeit gibt es in Europa kaum jemanden, der solch eine Kleinanlage besitzt, aber das Qualitätslevel einer Großanlage bieten kann – mit hoher Flexibilität und der entsprechenden technischen Ausrüstung.“ Und so rückte in der Folge das B2B-Business, sprich die Lohnabfüllung, in St. Pölten immer stärker in den Fokus.
Synergien bei der Farb- und Lackentwicklung genutzt
„Intern unterscheiden wir heute bei DYD die Geschäftsfelder ,Promotion‘, also individualisierte Dosen für den Privatbereich (B2C) oder Werbedosen für B2B-Kunden, und die ,Kleinserienfertigung‘, sprich: Lohnabfüllung in kleinen Auflagen für Start-ups im Lebensmitteleinzelhandel, die Produkte in kleiner Serie am Markt antesten wollen (wie etwa das neue AlpenCola der Lionade GmbH aus Österreich), oder industrielle Getränkehersteller, die Muster benötigen, die sie beim Großabfüller nicht in kleiner Auflage erhalten, zum Beispiel für neue Geschmacksrichtungen“, erklärt Lukas Pflügl.
Das UV-Inkjet-Digitaldrucksystem ist dazu in der Lage, CMYK+Weiß+Lacke (auch fluoreszierende) auf leere oder volle Dosen zu drucken. Die Farben und Lacke wurden gemeinsam in Kooperation (und in den Labors) von Chespa entwickelt, mit Fokus auf optimalen Haftungseigenschaften. Weiß ist sowohl „white-under“ (flächige Grundierung) als auch „white-over“ (zum Beispiel zur Realisierung feiner Schriften in weiß) verdruckbar. Eine Plasma-Vorbehandlung sorgt dafür, dass Öle und Fette auf dem Rohling vollständig entfernt werden, die Primerstation (plus Trockner) trägt einen für den Druckprozess optimierten Haftgrund als Basis auf.
„Grundsätzlich war die Haftung der Farbe auf der Dose eine der größten Herausforderungen für uns“, berichtet Lukas Pflügl und erklärt weiter: „Die Dosen werden von Hersteller zu Hersteller unterschiedlich lackiert angeliefert – mit entsprechend unterschiedlichen Oberflächenspannungen auf der Dose. Deshalb die Vorbehandlung.“ Die selbst entwickelten Farben sind fest fixiert und splittern auch beim Zerknüllen der Dose nicht ab. Ebenfalls nicht einfach war es, die Registerhaltigkeit von Lackebenen zu gewährleisten.
Eine weitere Herausforderung war das Bedrucken des sogenannten „Neck-in“, des abgekrümmten Ober- und Unterrands der Dose (Dosenhals). Da der Druckkopf an dieser Stelle unterschiedlich weit vom Bedruckstoff entfernt ist, muss ein Software-Algorithmus die Platzierung der Inkjet-Dots korrekt steuern, um auch am Rand ein perspektivisch korrektes Bild zu gewährleisten. Von diesem Software-Algorithmus profitiert man bei DYD in doppelter Hinsicht, da auf der Druckmaschine zudem auch konisch-geformte Mehrweg-Plastikbecher bedruckt werden können.
Lesen Sie zudem im aktuellen Deutschen Drucker Nr. 12/2023, wie der genaue technische Ablauf in der Abfüll- und Druckhalle von Design your Drink aussieht, wie Lukas Pflügl einen noch industrielleren Maßstab in Sachen Mass Customization erreichen will, welche kuriosen Produktwünsche in St. Pölten inzwischen schon aufgelaufen sind, aber auch welch pfiffige Vermarktungsideen der Jungunternehmer noch in der Pipeline hat. Das Heft kann hier bestellt werden: