Menschen in der Druckindustrie (10): Über den Strukturwandel
Peter Jeschke von GC Graphic Consult: „Ich wollte mein eigenes Ding machen“
von Bernhard Niemela,
Wie wird man Unternehmensberater? Welche Veränderungen erlebt die Druckindustrie? In diesem Interview lernen Sie die Perspektiven des Unternehmensberaters Peter Jeschke von GC Graphic Consult kennen.
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Seit rund 30 Jahren berät Peter Jeschke Unternehmen in der Druck- und Verpackungsbranche. GC Graphic Consult gehört zu den wenigen großen Unternehmensberatungen im Printbereich.
DD: Herr Jeschke, wie sind Sie eigentlich in die Druckbranche gekommen? Peter Jeschke: Nach dem Abitur stand für mich die Frage an, in welche Richtung soll ich studieren? An meiner Schule hatte die Hochschule in München den Studiengang Papier- und Kunststoffverarbeitung vorgestellt. Der Professor hat uns das Besondere des Studiengangs und vor allem die Vielfältigkeit vermittelt. Er hat uns klar gemacht, dass Maschinenbau, Elektroindustrie oder vielleicht Bauindustrie Massenstudiengänge sind, das Fach Papier- und Kunststoffverarbeitung sei hingegen etwas Besonderes. Ich fand diese Nische sehr interessant, nicht zuletzt auch, weil ich davon ausgegangen bin, dass man dort gut Karriere machen kann. Das war der Weg hinein in die Druckindustrie.
DD: Wenn Sie im nachhinein Ihr Studium betrachten: Was war am wertvollsten? Peter Jeschke: Ganz ehrlich: Es waren die beiden Praktika, die man damals machen musste oder – besser gesagt – machen durfte. Mein erstes Praktikum führte mich in die Verpackungsentwicklung bei Pfanni. Wir haben dort ein tolles Produkt entwickelt für den damaligen Speckknödel, der als Instant-Produkt aufgesetzt wurde. Das zweite Praktikum führte mich schon in die Etiketten-Industrie zu Zweckform. Dort habe ich wirklich starke Förderer gefunden, die es mir während des Studiums ermöglich haben, in die USA zu gehen. Dort habe ich eine Mittelmanagement-Ausbildung durchlaufen. Deshalb wurde für mich das ganze Thema Führung immer relevanter. Bei Zweckform habe ich Vorbilder und Mentoren gefunden, die mich begleitet haben. An ihre Anregungen erinnere ich mich noch heute. Das war eine sehr, sehr prägende Zeit für mich.
DD: Nach dem Studium der Papier- und Kunststoffverarbeitung absolvierten Sie noch einen Studiengang zum Wirtschaftsingenieur. Anschließend sind Sie zu Avery Dennison gegangen. Peter Jeschke: Dort hatte ich das Glück, dass mir ein interner Mentor zur Verfügung gestellt wurde und ich über diesen Mentor auch sehr schnell in die Führungsverantwortung kam und als Bereichsleiter den Etikettendruck leitete. Dieser berufliche Abschnitt war enorm wichtig, vor allem für die persönliche Entwicklung.
DD: Wie kam es dann zu dem Schritt in die Unternehmensberatung? Peter Jeschke: Das war sehr stark geprägt von dem Wunsch, selbstständig zu werden. Ich wollte mein eigenes Ding machen. Ich hatte mir auch schon überlegt, ob ich mich an einer Druckerei beteiligen oder mich dort einkaufen soll. Aber das war dann von den finanziellen Dimensionen einfach zu groß. Die Beratung war meine zweite Option, denn während meines zweiten Studiums hatte ich intensiv bei Roland Berger praktiziert und dort Erfahrungen in der Beratung gesammelt. Nach einer längeren Evaluationsphase bin ich schließlich bei den Firmengründern der Graphic Consult gelandet. Dort habe ich die Möglichkeit erhalten, mich als Partner einzubringen. Über einen Nachfolgeprozess konnte ich dann Hauptgesellschafter werden.
DD: Heute leiten Sie ja gemeinsam mit Ihrem Bruder Wolfgang das Unternehmen. Wieviel „Peter Jeschke“ steckt in GC Graphic Consult? Peter Jeschke: In der heutigen GC Graphic Consult stecken Wolfgang Jeschke und Peter Jeschke gleichermaßen. Wir haben unterschiedliche Ausprägungen und sind ganz unterschiedliche Typen. Deshalb ergänzen wir uns hervoragend. Jeder bringt in seinem Umfeld seine besondere Stärke ein. Genau dieses Spannungsfeld dieser beiden Stärken macht das gesamte Unternehmen heute aus. Dazu kommen unsere Mitarbeiter, als Berater oder im Serviceteam, ohne die kein Erfolg möglich ist.
DD: Sie verfügen mittlerweile über eine jahrzehntelange Erfahrung in der Druckbranche. Welches sind die größten Veränderungen, die Sie wahrnehmen konnten? Peter Jeschke: Solange ich die Druckindustrie beobachte, ist sie eine Industrie, die von einem starken Wandel gekennzeichnet ist. Es sind unglaubliche Technologiesprünge, die dort bewältigt werden. Mit diesen Technologiesprüngen ging seit Anfang der 1990er-Jahre auch ein Strukturwandel einher. Ich erinnere mich noch genau: 1994 veranstalteten wir unser erstes Symposium. Der Titel lautete „Chancen in der Krise“.
DD: Was hat diesen Strukturwandel ausgelöst? Peter Jeschke: Das ist vor allem durch die Konzentrationsprozesse auf Kundenseite, durch die dortige Entwicklung zu immer größeren Unternehmen entstanden. Die Unternehmen der Druckindustrie haben sich dann in zwei Richtungen entwickelt. Entweder in spezifische Nischenunternehmen oder in Richtung Massen-Player, die mit den größer werdenden Volumina, die die Kundenseite nachfragt, umgehen können. Die ständige Professionalisierung der Unternehmen hat auch das Thema Führung wichtiger werden lassen. Die Branche hat sich eindeutig weg entwickelt vom Handwerk hin zu immer stärker industrialisierten Strukturen. Dieser Wandel ist für meine Begriffe immer noch im Gange. Ob es Effizienzthemen sind oder Vermarktungsthemen – die Druckindustrie ist immer noch mittendrin in diesem Wandel.
DD: Wie sieht Ihre Vision für die Druckindustrie 2030 aus? Peter Jeschke: 2030 wird nach wie vor gedruckt. Der Druck wird keinesfalls verschwinden. Die Professionalität der Druckunternehmen wird sich deutlich beschleunigt haben. Und es geht sehr stark in Richtung Digitalisierung: Alles, was vernetzt werden kann, wird vernetzt sein. Es geht also um eine enge Bindung zu den Kunden, um enge, transparente und schnelle Kommunikationskanäle. Print wird vernetzt sein mit dem gesamten Kommunikationspaket des Kunden. Und es wird immer noch die ganz schönen Druckprodukte geben.
DD: Wann ist ein Druckprodukt für Peter Jeschke „schön“?
Ob das Verpackungen sind oder Magazine – „schön“ ist es immer dann, wenn mich ein Druckprodukt wirklich berührt, wenn es im wahrsten Sinne des Wortes einen Eindruck bei mir hinterlässt.
Peter Jeschke leitet mit seinem Bruder Wolfgang die GC Graphic Consult. Die Referenzliste mit den Beratungskunden liest sich wie das „Who is who“ der Druckindustrie.