Kommentar von Roland Behringer zur den Herausforderungen von Druckereien
Strategische Entwicklung technischer Bereiche
von Redaktion,
Die Druckbranche wird aktuell durch Papierversorgungs- und Corona-Probleme stark geprägt. Vor allem die Pandemie verursacht in den Produktionsabteilungen teils dramatische Zustände. Fehlendes Personal führt zu einer hohen Arbeitsverdichtung bei den noch verbliebenen Kollegen und Führungskräften. Für das Management stellt sich verstärkt die Frage, wie man zukünftig das Problem des fehlenden Personals lösen kann.
Anzeige
Eine Lösungsvariante wäre sicherlich, den Automatisierungsgrad in der Produktion zu erhöhen und Prozesse noch weiter zu optimieren. Was bedeutet aber die Erhöhung des Automatisierungsgrades für die Betriebe?
In der Regel steigen damit die Anforderungen an die technischen Abteilungen des Unternehmens. Die aus der neuen Technologie resultierenden Instandhaltungsanforderungen müssen durch die vorhandenen Techniker gestemmt werden. Diese sind jedoch in der Regel sehr breit aufgestellt und meist personell unterbesetzt. Zudem fungieren sie im Normalfall als „Troubleshooter“ und müssen aus der Not heraus eine sog. „Feuerwehrwartung“ praktizieren. Analysiert man die Qualität der Technikerarbeiten dann, stellt man fest, dass ein sehr hoher Anteil der ausgeführten Arbeiten provisorisch erledigt werden muss. Die Konsequenz daraus ist, dass Folgeschäden vorprogrammiert sind.
Präventive Instandhaltung
Um sich auf die Anforderungen eines höheren Automatisierungsgrades professionell vorzubereiten, sollte man sich den bereits bestehenden Herausforderungen in der Instandhaltung stellen. Die Implementierung moderner präventiver Instandhaltung ist ein erster unabdingbarer Schritt. In vielen Fällen wurde nämlich durch fehlende oder ungenügende Wartungen in der Vergangenheit die Lebensdauer der Maschinen substanziell reduziert. Die Konsequenzen daraus sind, dass die Fertigungsprozesse durch unnötige ungeplante Ausfälle sehr instabil wurden.
Die Mitarbeiter benötigen Langzeiterfahrungen, um mit den auftretenden Störungen zu Recht zu kommen. Für unerfahrene Mitarbeiter ist der Umgang mit schlecht gewarteten Maschinen frustrierend. Erhebliche Verschwendungen und Ineffizienzen sind die Folge.
“Learning by doing” reicht nicht mehr aus
Ein Erfolgsfaktor ist die professionelle Einbindung und Schulung der Mitarbeiter und Techniker in das Thema der präventiven Instandhaltung. Die in der Branche vorherrschende Vorgehensweise „Learning by doing“ ist dabei nicht mehr ausreichend. Tendenziell musste man letztes Jahr auch bei fast allen Maschinenlieferanten feststellen, dass sich die Versorgung mit Ersatzteilen und Experten-Know-how in die Länge zog. Diese Problematik wird sich bei einer Erhöhung des Automatisierungsgrades in der Produktion noch verschärfen. Zusätzlich könnte der Aufbau eines lokalen Netzwerkes zur Fertigung mechanischer Ersatzteile notwendig sein. Ein aktives Verschleiß- und Ersatzteilmanagement, die herstellerübergreifende Standardisierung elektronischer Bauteile und die Integration etwa des 3D-Drucks werden als neue Aufgabenstellungen auf die technischen Abteilungen zukommen.
Es wird also von strategischer Bedeutung sein, die Struktur, die Organisation und die Qualifikation der technischen Bereiche zu entwickeln.
Roland Behringer (57) hat 32 Jahre Erfahrung in der Druckindustrie. Seit 2011 unterstützt er als Berater Unternehmen dabei, ihre Effizienz zu steigern. Schwerpunkte sind die Prozessoptimierung, die Ausbildung und Zertifizierung von Führungskräften zu Lean Six Sigma Prozessoptimierungsexperten, Implementierungen moderner Instandhaltung, Projekt- und Interim Management.
Der Beitrag von Roland Behringer erschien in DD 1/2022. Das Heft können Sie im print.de-Shop als Download oder in der Printversion bestellen.