Laut Statistik ernähren sich 1,1 % der Deutschen rein vegan. Der Anteil der Menschen in unserem Land die sich vegetarisch ernähren, liegt bei über 6 %. Beide Werte steigen seit Jahren stetig an. Zudem nimmt der Anteil derer zu, die sich überwiegend vegetarisch ernähren und nur gelegentlich oder selten Fleisch/Fisch konsumieren, dann jedoch von hoher Qualität. Was heißt das für die Druckindustrie?
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Neben dem Bewusstsein, sich ausgewogen und gesund zu ernähren, ist der hauptsächliche Grund dieser Entwicklung die Ablehnung und der Protest gegenüber der industriellen Tierhaltung und Tierschlachtung.
In einer Umfrage des IfD Allensbach wurde ermittelt, dass der Anteil der Vegetarier von 2016 auf 2020 um 23 % angestiegen ist und der Anteil der Veganer sogar um 41 %. Dass diese Tendenz von der Wirtschaft erkannt worden ist und dass Unternehmen – nicht nur in der Lebensmittelbranche – sich darauf einstellen, bemerken wir jeden Tag.
Während die Kennzeichnung veganer Lebensmittel – insbesondere bei den genannten Ausführungen – wichtig ist, verständlich sein sollte und nachvollziehbar sein muss, eröffnet sich mir nur schwer dieser Hinweis bei so vielen anderen Produkten, wie veganem Spielzeug, veganem Hunde- und Katzenfutter oder veganer Hygieneprodukte. Vegane Kosmetikartikel haben einen regelrechten Boom. Wenn diese Produkte wirklich vegan sind und man den Aussagen der Hersteller glauben darf, was für einen Außenstehenden schwer überprüfbar ist, so ist der Grundgedanke prinzipiell nachvollziehbar. Absolut unglaubwürdig wäre diese Darstellung jedoch, wenn Tierversuche die Erprobung solcher Produkte vor der Markteinführung begleiten …
Vegane Druckprodukte?
Auch in der Druckindustrie peppt der Slogan „Vegan“ immer öfter auf. Aber welcher Sinn und insbesondere welche Konsequenz steht dahinter? Der Sinn ist klar: Dem Zeitgeist entsprechen und einen zusätzlichen Marketing-Joker ausspielen. Doch was bedeutet diese „weiße Weste“ in der Konsequenz: Noch mehr Regenwald in Brasilien abholzen, um noch mehr Anbaufläche für genmanipuliertes Soja zu schaffen? Oder eine weitere Palmölplantage auf Sumatra anlegen? Kann ein Farbhersteller überhaupt 100 %-ig sicher sein, dass seine als „vegan“ deklarierte Farbe auch wirklich vegan ist? Bei dem enormen Preisdruck und insbesondere bei der aktuellen Rohstoffsituation kann kein In-Verkehr-Bringer sicher sein, dass sein Produkt vegan ist. Wenn z.B. Fettsäureester auf Basis von pflanzlichen Ölen deklariert wird, können trotzdem tierische Fette beigemischt worden sein. Die Abnahme erfolgt beim Großhändler, die Nachverfolgbarkeit ist schlicht unmöglich.
Wir sind gezwungen, mit unseren Ressourcen schonend und weitsichtig umzugehen. Eine Nutzung tierischer Produkte die ohnehin anfallen so lange es noch Fleischkonsum gibt, wie beispielsweise Knochen oder Häute, würde ich als nachhaltig und voll umfängliche Ressourcennutzung betrachten. Die Alternative, bspw. statt Naturleder Kunstleder auf Basis von Erdölderivaten einzusetzen, bedeutet nicht gerade Weitsicht. Fossile Rohstoffe sind begrenzt. Und letztlich, wenn man diese Betrachtung auf die Spitze treibt: Was ist denn Erdöl oder Erdgas eigentlich? Es sind Reste abgestorbener Pflanzen und Tiere, nicht vegan.
Torsten Uhlig ist Druckexperte, Techniker und Berater in der grafischen Industrie. Mit seinem Unternehmen TU Solutions setzt er den Fokus auf Oberflächen: Veredelungen, Lacke, Beschichtungen, Spezialanwendungen und Problemlösungen.