Bis zu 2.000 Stellen sollen weltweit gestrichen werden
Heidelberg stellt Produktion der Primefire 106 und der Großformat-Maschinen ein
von Gerd Bergmann,
Die Heidelberger Druckmaschinen AG will das Unternehmen neu ausrichten. Um die Produktions- und Strukturkosten „nachhhaltig anzupassen“, werden weltweit bis zu 2.000 Arbeitsplätze abgebaut. Dies ist Teil eines Maßnahmenpakets, das der Heidelberg-Vorstand am 17. März 2020 beschlossen hat. Heidelberg will sich in diesem Zuge von einzelnen Produkten trennen, die „deutlich zu wenig Ertragskraft generieren“. So werden die Produktion der Digital-Bogendruckmaschine Primefire 106 und des Großformatdrucks (Speedmaster XL 145 bzw. 162) spätestens Ende des Jahres eingestellt.
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Wie es in einer Pressemitteilung heißt, soll durch das bereits im vergangenen Jahr angekündigte Maßnahmenpaket die Profitabilität des Unternehmens „nachhaltig verbessert werden“. Durch „Konzentration auf das rentable Kerngeschäft und konsequente Anpassung der Kostenbasis“ soll eine Verbesserung beim EBITDA ohne Restrukturierungsergebnis von 100 Mio. Euro realisiert werden. Die Rückübertragung von Liquiditätsreserven aus Treuhandfonds soll die Nettofinanzverschuldung „nahezu vollständig abbauen“. Dadurch soll sich nach Aussage des Unternehmens „die finanzielle Stabilität von Heidelberg deutlich verbessern“.
Rainer Hundsdörfer, Vorstandsvorsitzender von Heidelberg, spricht von „schmerzhaften Maßnahmen“, die aber notwendig seien, um den Druckmaschinenhersteller „wieder auf die Erfolgsspur zu bringen“: „Indem wir unprofitable Produkte einstellen, legen wir unseren starken, profitablen Kern frei. In diesem Bereich werden wir durch die Chancen der Digitalisierung die führende Marktstellung von Heidelberg weiter ausbauen.“
Ausführliche Berichte über die technologische Neuentwicklungen für Heidelberg-Bogendruckmaschinen, die zur Drupa gezeigt werden sollten, lesen Sie in der nächsten Ausgabe von DEUTSCHER DRUCKER, die Sie hier bestellen können.
300 Mio. Euro Aufwand für das „Maßnahmenpaket“
Von der geplanten Anpassung von Produktions- und Strukturkosten werden laut Heidelberg insgesamt bis zu 2.000 Stellen weltweit betroffen sein, was auch Betriebsschließungen beinhalten kann. Dies geschieht unabhängig von der „aktuell sehr schwierigen wirtschaftlichen Lage aufgrund der Corona-Pandemie“, wie es in der Pressemitteilung heißt. Zeitnah sollen Gesprächen mit den Arbeitnehmervertretungen aufgenommen werden, um den Stellenabbau „so sozialverträglich wie möglich“ zu gestalten. Die für die Umsetzung des Maßnahmenpakets notwendigen Einmalaufwendungen werden aktuell durch Heidelberg auf rund 300 Mio. Euro geschätzt.
Das Unternehmen rechnet unter dem Eindruck der Corona-Pandemie-Folgen damit, dass der Umsatz im aktuellen Geschäftsjahr jetzt deutlich unter dem Niveau des Vorjahres liegen wird. Das Nachsteuerergebnis werde negativ ausfallen.
Durch die teilweise Rückführung von rund 375 Mio. Euro aus dem Treuhandvermögen des im Jahr 2005 gegründeten Heidelberg Pension-Trust e.V. in das Unternehmen will Heidelberg seine Liquidität „signifikant“ erhöhen. Damit will das Unternehmen unter anderem eine Hochzinsanleihe mit einem Volumen von 150 Mio. Euro zurückführen.
Auf “rentables Kerngeschäft” konzentrieren
Beim Produktportfolio will sich Heidelberg künftig auf das „rentable Kerngeschäft“ konzentrieren, das im Schnitt eine EBITDA-Marge von über 8 Prozent erwirtschafte. Von Produkten, „die deutlich zu wenig Ertragskraft generieren und mit einem jährlichen Verlust von in Summe rund 50 Mio. Euro die Profitabilität des Unternehmens erheblich belasten“, wird sich Heidelberg trennen. So habe sich im Bereich des Digitaldrucks der Markt für die Bogendruckmaschine Primefire 106 „aufgrund des schwierigen Branchen- und Marktumfeldes deutlich langsamer entwickelt als angenommen“. Auch im Bereich Bogenoffsetdruck bleibe der Produktbereich „Großformat“, wie es heißt, „deutlich hinter dem angestrebten Umsatz zurück, da sich die Marktstruktur für dieses Teilsegment grundlegend verändert hat“. Die Produktion in beiden Bereichen wird deshalb bis spätestens Ende 2020 eingestellt.
Die Primefire 106 war erst zur Drupa 2016 vorgestellt worden und seither bei einigen Pilotanwendern und mit einzelnen “Serienmaschinen” im Markt in Betrieb gegangen. Sie hat, wie Finanzvorstand Marcus Wassenberg bei einer Telefonkonferenz mit Journalisten bestätigte, bislang Entwicklungskosten von rund 150 Mio. Euro benötigt. Durch den Wegfall der beiden Produktsegmente rechnet Heidelberg mit nur geringen Auswirkungen auf den Gesamtumsatz des Unternehmens. Primefire und Grossformat hätten, so Vorstandschef Hundsdörfer, nur etwa 50 Mio. Euro Jahresumsatz – aber eben auch Verluste in gleicher Höhe – eingebracht.
Heidelberg will unter anderem mit „neuen digitalen Geschäftsmodellen wie Subskription“ wieder nachhaltig wachsen. Der Schwerpunkt der künftigen Investitionen liege auf integrierten Systemlösungen für Maschinen, Software, Verbrauchsgüter und Performance-Services. Vision sei es, eine branchenübergreifende IoT-basierte Plattform zu schaffen, auf der sämtliche Kunden-Lieferantenbeziehungen automatisiert abgewickelt werden können. Ein einen ausführlichen Bericht dazu finden Sie in der Ausgabe 4/2020 von DEUTSCHER DRUCKER.
Wer strategisch seit mehr als 10 Jahren so rumeiert darf sich nicht wundern, dass jedes Vertrauen in die Zukunft dieses Unternehmens zerrinnt. Es ist sehr schade, dass die einstige Perle des Maschinenbaus dermaßen gegen die Wand gefahren wird. Schon seit sehr langem gibt es bei Heidelberg kein “gemeinsam an einem Strang ziehen” mehr. Stattdessen massenhaft Geldvernichtung durch das Rein und Raus von Strategiekonzepten, die nicht durchdacht scheinen. Angefangen von dem Wahnsinnsversuch, mit der Mainstream im Zeitungsgeschäft Fuss zu fassen, über die Entscheidung mit der Hochpreismaschine Nexpress den Digitalmarkt entern zu wollen bis zum verspäteten Einstieg in den Verpackungsmarkt. Was Heidelberg einzig bisher rettet, ist die Arbeit an der Basis: Hohe Ingenieurskunst, eine funktionierende Produktion, stabile Kundenkontakte und das Renomee der Vergangenheit….
Es sind immer noch die selben Sprüche, jahrelang, wir müssen schlanker werden zum Überleben, wir müssen sparen, verzichten, ignorieren………all das hat zu diesem Erfolg geführt. Heidelberg steht an der Wand und die jetzigen 2000 Stellen stehen an, zu Recht. Ich war seit 1985 bei Heidelberg, mit Leib und Seele gekämpft, keine Chance!
Hoffe für jeden der bleiben darf, dass es hält……….Grüße von dem da draußen……….
Nachdem ich 1970 auf dem Heidelberger Zylinder die Lehre begonnen habe und später erst bei einem Heidelberg Händler, dann später bei Heidelberg/Kodak, dann Kodak Nexpress, Digimaster und Inkjet verkauft habe, bin ich froh, nach ca. 50 ereignisreichen Jahren in den wohlverdienten Ruhestand gehen zu dürfen. Den “Vorrednern” sind noch die Ausflüge in den Rollenoffsetdruck und den A4 Kleinformatdruck (TOK und TOM) in den 80ern hinzuzufügen.
Es ist so schade, zusehen zu müssen, wie ein so großer Name kleiner und kleiner wird. Ich wünsche allen Mitarbeitern und Kunden viel Erfolg!
Auch ich sehe die Zukunft für die Heidelberg AG eher düster. Früher war das ein Handwerksbetrieb, der sein Handwerk gut verstand umzusetzen. Nach der Zylinder Ära und fettesten Jahren des Verdienen, habe sie dann leider den Kontakt zu ihren Kunden verloren. Die Folge daraus war dann, dass andere Hersteller in dem Markt tätig sein konnten. Flexibler und zudem noch Billiger. Es heißt nicht umsonst, Hochmut kommt vor dem Fall.
Den Vorrednern kann ich mich nur anschließen. HDM hatte in den 80er und 90er Jahren Geld verdient bis zum dort hinaus. Die Strategiekonzepte, die ab 2000 gefahren wurden, sind meiner Meinung nach durch die Züge des Größenwahns geprägt, dass diese goldenen Zeiten wiederkehren werden.
Diese Rechnung ist OHNE den Wirt gemacht worden. Kein überzeugendes Konzept, mehrere Digitaldruck Ein- und Ausstiege, … die Nischen, die man erobern will sind seit vielen Jahren schon erfolgreich besetzt. Man konzentriert sich seit 20 Jahren auf das Kerngeschäft. Apropos Kerngeschäft. Der Bogenoffset ist das Kerngeschäft sein je her, warum baut man nun Inline-Flexodruck, Etikettenendlosdruck, Siebdruckaggregate, etc. Was hat das mit dem Kerngeschäft zu tun? Das sind nur Produkte für Druckereien, die Fans der Marke Heidelberg sind. Wie viele gibt es davon noch in einem Markt, der seit 2000 konsolidiert und immer noch Überkapazitäten hat? Hat man aus dem Kaufwahn der Ära Mehdorn immer noch nichts gelernt?
Und das zweite Mal nach der Nexpress, dass sich Heidelberg aus einem zukunftsträchtigen Gebiet frühzeitig wieder verabschiedet.
Wer strategisch seit mehr als 10 Jahren so rumeiert darf sich nicht wundern, dass jedes Vertrauen in die Zukunft dieses Unternehmens zerrinnt. Es ist sehr schade, dass die einstige Perle des Maschinenbaus dermaßen gegen die Wand gefahren wird. Schon seit sehr langem gibt es bei Heidelberg kein “gemeinsam an einem Strang ziehen” mehr. Stattdessen massenhaft Geldvernichtung durch das Rein und Raus von Strategiekonzepten, die nicht durchdacht scheinen. Angefangen von dem Wahnsinnsversuch, mit der Mainstream im Zeitungsgeschäft Fuss zu fassen, über die Entscheidung mit der Hochpreismaschine Nexpress den Digitalmarkt entern zu wollen bis zum verspäteten Einstieg in den Verpackungsmarkt. Was Heidelberg einzig bisher rettet, ist die Arbeit an der Basis: Hohe Ingenieurskunst, eine funktionierende Produktion, stabile Kundenkontakte und das Renomee der Vergangenheit….
?? Absolut treffend formuliert ! Da gibt es nichts mehr hinzuzufügen !
Es sind immer noch die selben Sprüche, jahrelang, wir müssen schlanker werden zum Überleben, wir müssen sparen, verzichten, ignorieren………all das hat zu diesem Erfolg geführt. Heidelberg steht an der Wand und die jetzigen 2000 Stellen stehen an, zu Recht. Ich war seit 1985 bei Heidelberg, mit Leib und Seele gekämpft, keine Chance!
Hoffe für jeden der bleiben darf, dass es hält……….Grüße von dem da draußen……….
Sehr treffend formuliert. Da ist noch das Kleinformat mit TOK und TOM hinzu zu fügen. Schade für ein so hervorragendes Image.
Nachdem ich 1970 auf dem Heidelberger Zylinder die Lehre begonnen habe und später erst bei einem Heidelberg Händler, dann später bei Heidelberg/Kodak, dann Kodak Nexpress, Digimaster und Inkjet verkauft habe, bin ich froh, nach ca. 50 ereignisreichen Jahren in den wohlverdienten Ruhestand gehen zu dürfen. Den “Vorrednern” sind noch die Ausflüge in den Rollenoffsetdruck und den A4 Kleinformatdruck (TOK und TOM) in den 80ern hinzuzufügen.
Es ist so schade, zusehen zu müssen, wie ein so großer Name kleiner und kleiner wird. Ich wünsche allen Mitarbeitern und Kunden viel Erfolg!
Auch ich sehe die Zukunft für die Heidelberg AG eher düster. Früher war das ein Handwerksbetrieb, der sein Handwerk gut verstand umzusetzen. Nach der Zylinder Ära und fettesten Jahren des Verdienen, habe sie dann leider den Kontakt zu ihren Kunden verloren. Die Folge daraus war dann, dass andere Hersteller in dem Markt tätig sein konnten. Flexibler und zudem noch Billiger. Es heißt nicht umsonst, Hochmut kommt vor dem Fall.
Den Vorrednern kann ich mich nur anschließen. HDM hatte in den 80er und 90er Jahren Geld verdient bis zum dort hinaus. Die Strategiekonzepte, die ab 2000 gefahren wurden, sind meiner Meinung nach durch die Züge des Größenwahns geprägt, dass diese goldenen Zeiten wiederkehren werden.
Diese Rechnung ist OHNE den Wirt gemacht worden. Kein überzeugendes Konzept, mehrere Digitaldruck Ein- und Ausstiege, … die Nischen, die man erobern will sind seit vielen Jahren schon erfolgreich besetzt. Man konzentriert sich seit 20 Jahren auf das Kerngeschäft. Apropos Kerngeschäft. Der Bogenoffset ist das Kerngeschäft sein je her, warum baut man nun Inline-Flexodruck, Etikettenendlosdruck, Siebdruckaggregate, etc. Was hat das mit dem Kerngeschäft zu tun? Das sind nur Produkte für Druckereien, die Fans der Marke Heidelberg sind. Wie viele gibt es davon noch in einem Markt, der seit 2000 konsolidiert und immer noch Überkapazitäten hat? Hat man aus dem Kaufwahn der Ära Mehdorn immer noch nichts gelernt?