Insider-Kolumne von Bernhard Maatz aus DD2/2018

Guter Rat ist teuer – auch der des Steuerberaters?

Mit dem neuen Kalenderjahr startet bei den meisten Unternehmen zugleich ein neues Geschäftsjahr. Damit übernimmt der Steuerberater im Unternehmensgeschehen eine sehr wichtige Aufgabe. Er hat im Rahmen seines steuerrechtlichen Dauermandates den Jahresabschluss und die Bilanz zu erstellen und natürlich auch die fälligen Steuern zu berechnen.

Wer die Pflicht hat, Steuern zu zahlen, der hat bekanntlich auch das Recht, Steuern zu sparen. Steuerberater sind daher für Mittelständler wichtige Ratgeber und dies über die geschäftliche Sphäre hinaus. Wirtschaftliche Angelegenheiten kommen genauso offen zur Sprache wie persönliche Belange, etwa ein uneheliches Kind. Steuerberater werden daher auch als säkularisierte Beichtväter bezeichnet. Grundlage dieses besonderen Vertrauensverhältnisses ist ihre Verschwiegenheitspflicht.

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Viele Steuerberater sind aber offenbar auch ihren Mandanten gegenüber recht zugeknöpft. Dies zeigt eine im Februar 2016 im „Handwerk Magazin“ veröffentlichte Studie. Befragt wurden Mandanten von Kanzleien mit bis zu elf Mitarbeitern. Es handelte sich bei ihnen vorwiegend um inhabergeführte kleine und mittlere Unternehmen. 65 Prozent der Inhaber wünschten sich eine aktivere Beratung. Sie dachten dabei primär an betriebswirtschaftliche Unterstützung, etwa bei Rentabilitätsanalysen, Kalkulationen oder Investitionen. Die Unternehmensinhaber gingen offensichtlich davon aus, dass ihre steuerrechtliche Mandatierung diese betriebswirtschaftliche Beratung einschließt.

Der Steuerberater haftet für Schäden aus einer Insolvenzverschleppung, wenn er Mandanten nicht auf einen möglichen Insolvenzgrund hinweist.

Dem ist nicht so! Eine Erweiterung der steuerrechtlichen Aufgabenstellung um betriebswirtschaftliche Dienste ist honorarpflichtig, um die entstehenden Risiken abzudecken, egal ob ein Steuerberater oder ein Unternehmens­berater diese erbringt. Ein Jahres­abschlusses basiert auf einem Werkvertrag, eine wirtschaftliche Beratung auf einem Dienstvertrag. Wer also mehr als „Steuer-Beratung“ will, muss dies sagen und nicht erwarten. Daher ist an dieser Stelle jedem Unternehmensinhaber zu raten, den Start ins neue Jahr gezielt zur Klärung wirtschaftlicher Beratungsleistungen zu nutzen.

Natürlich sollte auch der Steuerberater für Klarheit sorgen, welche Leistungen er im Rahmen seines steuerrechtlichen Mandates erbringt und welche zusätzlich beauftragt werden können. Auf eine spezielle Verpflichtung des Steuerberaters, die in früheren steuerrechtlichen Mandaten nicht enthalten war, soll an dieser Stelle mit Nachdruck hingewiesen werden. Es geht um die Hinweispflichten des Steuerberaters bei einer sich abzeichnenden Unternehmenskrise. Bis vor einem Jahr war ein Steuerberater nicht verpflichtet, einen Inhaber auf Krisenanzeichen hinzuweisen. Nur dann, wenn er mit der Prüfung der Insolvenzreife des Unternehmens beauftragt war, bestand diese Pflicht. Anfang 2017 hat der Bundesgerichtshof in einem neuen Grundsatzurteil ein neues Verständnis eingeleitet. Bei den nun anstehenden Jahresabschlüssen haftet der Steuerberater für mögliche Insolvenzverschleppungsschäden auch im Rahmen seines steuerrechtlichen Dauermandats, wenn er es unterlässt, einen Mandanten auf einen möglichen Insolvenzgrund und die Prüfungspflicht des Geschäftsführers hinzuweisen, obschon entsprechende Anhaltspunkte offenkundig waren.

Außerdem sieht der BGH jeden Steuerberater in der Pflicht zu prüfen, ob sich auf Grundlage der ihm zur Verfügung stehenden Unterlagen und der ihm sonst bekannten Umstände tatsächliche oder rechtliche Gegebenheiten einem Fortbestehen der Unternehmenstätigkeit entgegenstehen. Das Unternehmen muss dann planerisch den Nachweis antreten, dass sein Fortbestehen gesichert ist, weil alle Verbindlichkeiten in den folgenden zwei Jahren fristgerecht beglichen werden können. Gelingt dieser Nachweis nicht, darf der Steuerberater in seiner Bilanz keine Fortführungswerte ansetzen, stattdessen sogenannte Zerschlagungswerte.

Da gerade Druckereien in aller Regel ein hohes Anlagevermögen ausweisen, kann dieser Wechsel der Bewertung sehr schnell insolvenzrechtliche Maßnahmen nach sich ziehen. Verletzt der Steuerberater seine Hinweispflicht und bilanziert zu Fortführungswerte, weil dies immer so war oder das Unternehmen ja fortbesteht, dann macht er sich im Fall einer späteren Insolvenz für den Insolvenzverschleppungsschaden haftbar. Dass guter Rat teuer ist und fehlender Rat umso mehr, leuchtet ein – auch für den Steuerberater.

→ Ihre Meinung? insider@print.de

Bernhard Maatz (66) ist Gründer und Mehrheitsgesellschafter der Symbio Consult GmbH. Der gelernte Industriekaufmann studierte Be­triebs­wirtschaftslehre mit dem Schwerpunkt Marketing. Nach 40 Berufsjahren – auch in der Druckindustrie – ist er ein Experte auf dem Gebiet Unternehmensneuausrichtung, Organisationsentwicklung und Handlungskompetenz.

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